G20-Treffen in Kanada Industriestaaten ringen um gemeinsame Linie
Es soll gespart werden - aber bitte nachhaltig, die Finanzmärkte sollen reguliert werden - aber bitte per Bankenabgabe. Bundeskanzlerin Merkel wird es schwer haben, ihre Pläne beim Treffen mit ihren G8-Kollegen durchzusetzen. Gemeinsam wollen sie heute den G20-Gipfel in Toronto vorbereiten.
Von Eva Corell, BR, ARD-Hauptstadtstudio
Deutschland tritt beim Gipfeltreffen als wachstumspolitischer Musterknabe auf. Selbstbewusst verweist man in Berliner Regierungskreisen auf das Lob des Internationalen Währungsfonds für die deutsche Schuldenbremse. Wenn wir den Stabilitätspakt nicht ernst nehmen, wer dann?, heißt es mit Blick auf die Kritik am deutschen Sparpaket.
Die kam sehr deutlich von Barack Obama, per Brief an die Bundeskanzlerin. Sie griff daraufhin zum Telefon, und nahm dem US-Präsidenten innerhalb von 15 Minuten den Wind aus den Segeln. Angela Merkel machte Obama klar, was sie unter nachhaltigem Wachstum versteht: "Es geht nicht um ein radikales Sparprogramm, sondern es geht darum, dass man bei anhaltendem wirtschaftlichen Aufschwung nicht die gleichen Konjunkturprogramme immer weiter fahren muss, die man bisher durchgesetzt hat. Nur darum geht es", so Merkel.
Merkel kämpft für die Bankenabgabe
Das soll den US-Kollegen überzeugt haben. Jedenfalls habe er nicht mehr zum Schuldenmachen gedrängt, sondern Deutschlands Wachstums-Impulse gewürdigt, hieß es im Umfeld der Kanzlerin. Vielleicht ein Stolperstein weniger für die hochgesteckten Ziele der Bundesregierung. Denn auch bei ihrem zweiten Kernanliegen, der Regulierung der Finanzmärkte, führt die deutsche Regierungschefin eine Bewegung an, die bereits bröckelt, bevor sie noch richtig in Fahrt kommt. Mit einem EU-Beschluss im Gepäck will sie in Kanada für eine Bankenabgabe werben. Entscheidend für Merkel ist, dass die G20 Handlungsfähigkeit zeigen: "Ich glaube, es muss gelingen, auf dem G20-Treffen eine gemeinsame Meinung zu schaffen." Dabei könnten die einzelnen G20-Mitgliedstaaten natürlich unterschiedlich agieren. Es müsse aber ein grundsätzliches Bekenntnis dazu geben, "dass die Bankenabgabe ein Mittel ist, um zu verhindern, dass in Zukunft wieder die Steuerzahler für Krisen von Banken eintreten müssen."
Im Klartext: Alle sollen unterschreiben, aber jeder darf herauslesen, was er will. Denn die Zustimmung der Briten wackelt, Kanada und Australien halten rein gar nichts von einer Bankenabgabe. Die will Merkel notfalls im Alleingang durchsetzen: "Ansonsten, so ist es zumindest in Deutschland, werden die Menschen an uns verzweifeln." Denn wenn sich Europa - inklusive der Briten - und die USA für eine Bankenabgabe entschieden und es dann "wieder drei Länder gibt, die sagen 'aber wir sind davon nicht betroffen', dann ist das extrem frustrierend und kann uns letztlich nicht voran bringen", so Merkel.
Deutsch-amerikanische Differenzen werden weggelächelt
Gleiches gilt für die Besteuerung des Finanzmarktes. Hier ist die europäische Rückendeckung noch schwächer, der Gegenwind aus den USA stärker. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble erwartet eine schwierige Diskussion, will aber keine Endlosdebatten führen. Beim Treffen mit seinem US-Kollegen Timothy Geithner in Berlin hat er den Kurs vorgegeben. Deutsch-amerikanische Differenzen werden weggelächelt, die Achse Deutschland - Frankreich aber steht: "Wir sind in der Beurteilung dessen, was weltweit in der Finanzmarktregulierung getan werden kann und getan werden muss, viel enger zusammen, als es gelegentlich den Anschein hat. Aber man muss auch dabei sehen, dass natürlich Traditionen und Strukturen des Finanzsektors in den Vereinigten Staaten von Amerika sehr anders sind, als in Kontinentaleuropa."