Aufruf vom Marburger Bund Ärztestreiks an 460 Kliniken
Warnweste und Trillerpfeife statt Ärztekittel und Stethoskop: An kommunalen Kliniken in ganz Deutschland haben Warnstreiks begonnen. Planbare Operationen könnten in rund 460 Krankenhäusern ausfallen.
An den kommunalen Krankenhäusern in Deutschland haben am Morgen Warnstreiks der Ärzte begonnen. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund berichtete von einer hohen Streikbereitschaft ihrer Mitglieder. Allein an der zentralen Kundgebung in Frankfurt am Main nahmen rund 4000 Ärztinnen und Ärzte teil.
Die Vorsitzende des Marburger Bunds, Susanne Johna, sprach von einer "Verweigerungshaltung" der in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zusammengeschlossenen Arbeitgeber. Die Forderungen nach "Begrenzung von Diensten" und "mehr Planungssicherheit" seien eine "elementare Voraussetzung für gute Arbeitsbedingungen". Die Beschäftigten dürften dies "erwarten".
Arbeitsbedingungen im Fokus
Nach früheren Angaben der Gewerkschaft waren Warnstreikaktionen an rund 460 Kliniken bundesweit geplant. Planbare Eingriffe sollten demnach an den betroffenen Krankenhäusern in der Regel nicht stattfinden. Notdienste seien allerdings gewährleistet.
Die Streiks finden bundesweit statt, ausgenommen sind Berlin und Hamburg. Der Marburger Bund kritisiert unter anderem die hohe Arbeitsbelastung in Kliniken: "Die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern sind mancherorts so schlecht, dass viele Ärztinnen und Ärzte die Klinik verlassen und zum Beispiel eine eigene Praxis gründen oder als Angestellte in ein Medizinisches Versorgungszentrum gehen", sagte Johna dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Inzwischen würden immer mehr Ärztinnen und Ärzte ihre Arbeitszeit reduzieren und eine 80-Prozent-Stelle annehmen. "Das heißt, Kollegen verzichten auf Gehalt, um wenigstens einen freien Tag in der Woche garantiert zu haben."
5,5 Prozent mehr Lohn gefordert
Ein Grund dafür seien auch die vielen Überstunden. "Jeder Tag, an dem sie nicht in die Klinik kommen, ist ein Tag, an dem sie auch keine Überstunden machen", sagte die Verbandsvorsitzende. "Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Arbeitsbelastung deutlich verschärft", stellte sie fest. Besonders hoch sei die Belastung auf der Intensivstation, in der Notaufnahme und auf den Infektionsstationen. "Auf vielen Intensivstationen war die Versorgung der Patienten zuletzt nur noch möglich, weil auch Ärztinnen und Ärzte pflegerische Tätigkeiten übernommen und noch mehr Überstunden geleistet haben."
Der Marburger Bund fordert für die rund 55.000 Ärzte eine lineare Erhöhung der Gehälter um 5,5 Prozent für die Laufzeit von einem Jahr. Außerdem soll es klare Grenzen für Bereitschaftsdienste sowie eine generelle Begrenzung der Rufbereitschaft auf höchstens zwölf Rufdienste pro Monat geben. Die Arbeitgeber bieten 3,3 Prozent mehr Lohn in zwei Stufen an.