Gesundheit im Job Wie "hybride Arbeit" auf die Psyche wirkt
Betriebe in Deutschland sind dazu verpflichtet, die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu fördern. Umgesetzt wird das bislang nur schleppend, zeigt eine Studie. Vor allem die psychische Gesundheit leidet.
"Ab und zu bekomme ich eine Massenmail, in der dann Yoga- oder Pilateskurse in einer nahen Volkshochschule angeboten werden. Andere gesundheitsfördernde Angebote sind mir ehrlich gesagt nicht bekannt", erzählt Karla M. (Name geändert). Sie arbeitet als Sozialarbeiterin im Jugendamt in einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt. Was sie beschreibt, ist immer noch Alltag in vielen Firmen und Verwaltungen beim Thema Gesundheitsförderung. Das zeigt auch die Studie "#whatsnext - Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt" des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung.
Was vorgeschrieben ist - und was freiwillig
Arbeitgeber in Deutschland sind eigentlich dazu verpflichtet, dazu beizutragen, dass ihre Beschäftigten gesund bleiben. Das wird als Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) bezeichnet. Dazu gehören der gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsschutz und das Eingliederungsmanagement - bei letzterem geht es darum, Mitarbeitende, die lange krank waren, eine Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu ermöglichen.
Freiwillig ist die Gesundheitsförderung. Das kann der oben beschriebene Yogakurs sein, ein höhenverstellbarer Schreibtisch oder flexible Arbeitszeiten.
Kleines Budget für große Probleme
Für die Studie zum Thema Gesundheitsförderung wurden mehr als 1000 Unternehmen und Einrichtungen des Öffentliches Dienstes befragt. Weniger als ein Drittel der Teilnehmer haben angegeben, ein ganzheitliches BGM in ihrer Organisation etabliert zu haben. Fast neun Prozent setzen bislang keinerlei Maßnahmen um. Ähnlich ernüchternd ist der Blick aufs Geld und die Frage, welche finanziellen Ressourcen für die Förderung der Gesundheit eingesetzt werden.
Die Studienautoren sprechen in diesem Zusammenhang von "überschaubaren Budgets". So hat fast die Hälfte der befragten Organisationen weniger als 10.000 Euro oder gar kein Budget zur Verfügung. Die Studie zeigt zudem deutlich: Je größer ein Unternehmen oder eine Verwaltung, desto mehr Angebote werden den Mitarbeitenden am Ende gemacht.
Wenn der Kopf nicht mehr kann
Interessant auch der Blick in die Zukunft. Die Personal- und Gesundheitsentscheider gehen davon aus, dass das "hybride Arbeiten" und die psychische Gesundheit künftig eine noch größere Rolle spielen werden. Fast 40 Prozent der Befragten geben an, dass Belastungen am Arbeitsplatz wie Burnout, Überforderung und Depressionen bereits jetzt eine "eher große" beziehungsweise "große" Bedeutung in ihren Unternehmen haben.
Auf die Frage, welche Bedeutung Burnout und Co. in drei Jahren haben werden, sagen das sogar rund 70 Prozent der Befragten. Ein Thema, das auch die Sozialarbeiterin Karla M. aus Sachsen-Anhalt beschäftigt: "Meine Vorgesetzten haben auf dem Schirm, wie psychisch belastend unsere Arbeit ist, aber sie haben schlicht kein Geld, um uns da zu unterstützen."
"Eine Pause ist eine Pause"
Laut der Studie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung haben bislang rund 40 Prozent der Arbeitgeber Angebote zur Stressbewältigung. Die Firma Producto gehört dazu. Claudia Armonies arbeitet bei dem Berliner Mittelständler als Onlineredakteurin - seit 2020 nur noch aus den eigenen vier Wänden. "Ich habe mittlerweile schon bei mehreren Online-Kursen mitgemacht. Da ging es um Achtsamkeit, Zeit- und Selbstmanagement im Homeoffice, aber auch Ernährung."
Die zweifache Mutter berichtet, dass sie in der Anfangszeit im Homeoffice noch häufig Privates und Berufliches vermischt habe. Das habe aber Stress ausgelöst. "Dank der Kurse weiß ich heute: Eine Pause ist eine Pause und nicht dazu da, die Wäsche aufzuhängen." Seit sie das umsetze, erzählt die 34-Jährige, gehe es ihr deutlich besser. "Die Gesundheitskurse, die mein Arbeitgeber anbietet, sind am Ende für beide Seiten gut. Dabei kann eigentlich niemand verlieren."