Sanierung des Schienennetzes Strecke Berlin-Hamburg wird monatelang gesperrt
Mit einem neuen Sanierungskonzept will die Bahn pünktlicher und zuverlässiger werden. 2025 soll die Strecke Berlin-Hamburg sechs Monate lang gesperrt werden. Reisende müssen sich auf längere Fahrtzeiten und Einschränkungen einstellen.
Fahrgäste auf der viel befahrenen Bahnstrecke Berlin-Hamburg müssen sich im Jahr 2025 für rund sechs Monate auf längere Fahrzeiten und Einschränkungen einstellen. Zwischen Juni und Dezember 2025 will die Bahn die 280 Kilometer lange Strecke komplett sperren und sanieren, wie der Konzern mitteilte. Zuvor hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichtet.
Während der sechsmonatigen Baumaßnahmen sollen Gleise, Weichen, Oberleitungen und Stellwerke modernisiert werden. Bahnhöfe sollen dem Bericht zufolge neue Bahnsteigdächer, Wetterschutzhäuser und Wegeleitsysteme erhalten, die Barrierefreiheit soll verbessert werden. In Hagenow-Land und Wittenberge wird die Gleisinfrastruktur ausgebaut, um Überholmöglichkeiten für Züge zu schaffen. Der gesamte Korridor soll zudem für den digitalen Bahnbetrieb - etwa über das Zugleitsystem ETCS - ausgerüstet werden.
Umleitungen für Fern- und Güterverkehr
Für den Fern- und Güterverkehr richtet die Bahn eigenen Angaben zufolge Umleitungen ein. Die Züge sollen während der Sanierungsphase über Uelzen, Salzwedel und Stendal sowie über Hannover verkehren. "Je nach Umleitungsstrecke müssen Reisende zwischen 45 und 105 Minuten mehr Zeit einplanen", teilte die Bahn mit. Im Regionalverkehr soll auf den betroffenen Abschnitten ein Ersatzverkehr eingerichtet werden.
Auch die für den Güterverkehr wichtige Strecke Emmerich-Oberhausen in Nordrhein-Westfalen will die Deutsche Bahn sanieren. Der 72 Kilometer lange Abschnitt ist Teil der europäischen Verbindung zwischen Rotterdam und Genua und könne nicht für einen längeren Zeitraum gesperrt werden, hieß es. "Deshalb wird die Sanierung im Zeitraum zwischen November 2024 und Juni 2026 mit getakteten Sperrungen und bei überwiegend eingleisigem Betrieb auf Grundlage der mit den Niederlanden erfolgten Abstimmungen vorgenommen."
Beide Korridore seien "zentrale Bausteine im künftigen Hochleistungsnetz", teilte Bahn-Chef Richard Lutz mit. Ziel sei es, durch die Erneuerung der wichtigsten Korridore noch mehr Menschen und Unternehmen für die Schiene zu gewinnen.
Vielerorts überlastete und marode Infrastruktur
Die Infrastruktur der Bahn ist vielerorts völlig überlastet und höchst sanierungsbedürftig. Die Folge: Wegen vieler kleinteiliger Baumaßnahmen sind die Züge so unzuverlässig und unpünktlich unterwegs wie seit Jahren nicht. Im Sommer hatte die Bahn deshalb die sogenannte Generalsanierung ihres Netzes angekündigt und mehrere Korridore mit besonderem Modernisierungsbedarf identifiziert.
Statt unzähliger Einzelmaßnahmen, die den Verkehr auf diesen Strecken über Jahre immer wieder ausbremsen, sollen die Korridore nun für eine begrenzte Zeit vollständig gesperrt und modernisiert werden. Dadurch sollen dort auf absehbare Zeit keine Bauarbeiten mehr notwendig sein und Züge ohne Einschränkungen fahren können.
Das erste Modernisierungsprojekt startet 2024 auf der Strecke zwischen Frankfurt/Main und Mannheim, der sogenannten Riedbahn. Bis 2030 will die Deutsche Bahn pro Jahr dann mindestens zwei weitere Korridore sanieren, darunter die nun verkündeten Abschnitte. Die Sanierung der ersten Korridore soll aus Sicht der Bahn bereits das gesamte Netz entlasten, weil im Fernverkehr alles zusammenhängt.
Kritik vom Güterbahn-Verband
Kritik an dem Konzept kam vom Güterbahn-Verband Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE), in dem die Konkurrenten der Bahn im Schienengüterverkehr organisiert sind. "Nichts ist abgestimmt in dem Sinne, wie es hier suggeriert wird", teilte der Vize-Verbandsvorsitzende Sven Flore mit. In einer Stellungnahme zu den Korridoren an die Bahn kritisiert der Verband unter anderem die absehbare Gleichzeitigkeit der Baumaßnahmen auf der Riedbahn sowie auf der Strecke Oberhausen-Emmerich. Die Wahl der Strecke sowie des Zeitraums sei "nicht schlüssig begründet". Der Verband zweifelt eigenen Angaben zufolge zudem daran, dass die Umleitungskonzepte etwa für den Korridor Berlin-Hamburg realistisch sind.