Reform des Postgesetzes Post fordert mehr Zeit für Briefzustellungen
Die Deutsche Post macht sich für gelockerte Zeitvorgaben bei der Briefzustellung stark. Gleichzeitig erhöht der Konzern seine Jahresprognose - er erwartet für 2022 einen Milliardengewinn in Rekordhöhe.
Derzeit stellt die Deutsche Post nach eigenen Angaben 83 bis 84 Prozent der eingeworfenen Briefe am Folgetag zu - sofern dieser kein Sonn- oder Feiertag ist. Damit folgt der Konzern einer gesetzlichen Vorgabe, laut der mindestens 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger sein müssen. Doch geht es nach der Post, sollte dieser gesetzlich verankerte Zeitdruck bei der anstehenden Novellierung des Postgesetzes abgemildert werden.
Konzernchef Frank Appel appellierte heute an den Gesetzgeber, die bisherige Vorgabe zu überdenken: "Muss tatsächlich jeder Brief - oder mehr als 80 Prozent - am nächsten Tag zugestellt werden?" Angesichts des sinkenden Bedarfs an Briefen im Digitalzeitalter sei das nicht mehr angemessen.
"Wir brauchen eine Kostenentlastung"
Tatsächlich stammt die Vorgabe aus Zeiten, als viele Menschen noch Briefe und Postkarten statt Mails und Chat-Nachrichten schrieben. Die Ampelkoalition will das Gesetz in der laufenden Legislaturperiode modernisieren - möglicherweise wird ein Entwurf im kommenden Jahr vorgelegt.
Für die Verbraucher würde eine Lockerung bedeuten, dass sie im Schnitt länger auf Briefe warten müssten. Die Deutsche Post stellt die Vorgaben für die Zustellung als wesentlichen Kostenfaktor dar. "Wir können nicht so tun, als wäre die Welt wie vor 20 Jahren", so Appel. Heute befördere der Konzern viel mehr Pakete und viel weniger Briefe als damals. "Die Politik muss verstehen, wir brauchen irgendwo eine Kostenentlastung."
Beschwerden häufen sich
Die Post hat derzeit erhebliche Probleme bei der Briefzustellung. Mancherorts fehlten in den vergangenen Monaten bis zu 30 Prozent Personal. Gründe hierfür sind laut Post ein hoher Corona-Krankenstand und die angespannte Lage am Arbeitsmarkt. Aus Ärger über verlorene oder verspätete Briefe haben sich in den vergangenen Monaten deutlich mehr Bürger bei der Bundesnetzagentur beschwert als zuvor.
Auch die heute vorgestellten Quartalszahlen belegen, dass das Stammgeschäft der Post, der Brief- und Paketversand im Inland, ein Sorgenkind bleibt. Während der Umsatz hier im dritten Quartal bei 3,9 Milliarden Euro stagnierte, sank das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um drei Prozent auf 290 Millionen Euro.
Milliardengewinn im Gesamtkonzern
Ganz anders die Zahlen für den Gesamtkonzern, die weiterhin vom internationalen Express- und Frachtgeschäft beflügelt werden. Der Konzernumsatz stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20 Prozent auf rund 20 Milliarden Euro. Der Konzerngewinn stieg um 13 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro.
Entsprechend hob das Management seine Prognose für das Gesamtjahr an. Für 2022 rechnet es nun mit einem Rekordergebnis (Ebit) von rund 8,4 Milliarden Euro. Nur im Brief- und Paketgeschäft schraubte die Post ihre Erwartungen leicht zurück.
Unsicherer Ausblick
Doch die Jahre des Booms, der insbesondere durch den anhaltenden Trend zum Online-Einkauf angetrieben wurde, könnten bald enden. Finanzchefin Melanie Kreis sagte, sie könne Analysten-Schätzungen nachvollziehen, die für das kommende Jahr von einem Ergebnisrückgang bei dem DAX-Konzern ausgingen. Analysten erwarten im Schnitt, dass das Ebit 2023 auf gut sieben Milliarden Euro sinkt.
Für die Entwicklung im kommenden Jahr gebe es sehr große Unsicherheiten, sagte Kreis. "Wir stellen uns auf einige herausfordernde Quartale ein." Einen konkreten Ausblick auf 2023 will die Post erst im März vorlegen.