Geplante Regelung für Unternehmen Was die Testpflicht konkret bedeutet
Wer nicht im Homeoffice arbeitet, soll künftig vom Arbeitgeber Corona-Tests erhalten. Was heißt das für die Unternehmen? Wer bekommt wie viele Tests? Und was sagt die Wirtschaft dazu? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
In Deutschland sollen Unternehmen ihren Beschäftigten künftig Corona-Tests anbieten müssen. Darüber bestehe in der Koalition Einigkeit, erklärte die SPD. Demnach strebt die Bundesregierung eine Paketlösung an: Die entsprechende Änderung der Arbeitsschutzverordnung soll gemeinsam mit der geplanten Novelle des Infektionsschutzgesetzes in der Kabinettssitzung am Dienstag auf den Weg gebracht werden.
Was ist konkret geplant?
Der Entwurf der Ministerverordnung von Arbeitsminister Hubertus Heil liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Demnach geht es um eine Test-Angebotspflicht für Unternehmen - es soll also keine Testpflicht für Beschäftigte geben. Jeder Arbeitnehmer, der nicht im Homeoffice arbeitet, soll vom Arbeitgeber zunächst einen Test pro Woche erhalten. Wer viele Kontakte hat, soll zwei Tests bekommen.
Was heißt das für die Unternehmen?
Die Arbeitgeber müssen die Tests zur Verfügung stellen - sie müssen aber nicht dokumentieren, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese auch in Anspruch nehmen. Es würde also ausreichen, den Beschäftigten einfach Selbsttests nach Hause zu schicken oder Selbsttests für alle zugänglich im Büro zu deponieren. Der Wirtschaftsrat der CDU rechnet damit, dass die Tests die deutschen Unternehmen monatlich mehr als sieben Milliarden Euro kosten. Manche kleine und mittelständische Unternehmen könnten sich den Aufwand nicht leisten. Von der Corona-Krise schwer gebeutelte Unternehmen können die Ausgaben für die Tests aber als Kostenpunkt bei der Überbrückungshilfe anrechnen.
Was sollen die Tests bringen?
Die Schnell- oder Selbsttests sollen helfen, Corona-Infizierte zu entdecken, die noch keine deutlichen Symptome spüren. Ausschließen können sie eine Infektion laut Wissenschaftlern allerdings nicht. Selbst bei korrekter Anwendung sei es bei einem negativen Test "lediglich weniger wahrscheinlich", für andere ansteckend zu sein, erklärt das Robert Koch-Institut. Vor allem bei Infizierten ohne Symptome besteht durchaus die Gefahr falsch-negativer Ergebnisse. Unklar ist, ob man dann für andere überhaupt ansteckend ist oder nicht. Die Testergebnisse sind zudem nur für etwa einen Tag aussagekräftig. Ob ein wöchentlicher Test im Büro ausreicht, wird daher von vielen bezweifelt.
Wie viele Unternehmen bieten ohnehin schon Tests an?
Nach einer Umfrage im Auftrag der Bundesregierung hatten zuletzt 61 Prozent der Beschäftigten einen Arbeitgeber, der Corona-Tests anbietet. Weitere Arbeitgeber hätten den Mitarbeitern Tests in Aussicht gestellt. Nehme man diese Gruppe hinzu, erhielten etwa 70 Prozent der Beschäftigten ein Testangebot oder es sei ihnen zumindest angekündigt worden. Die Bundesregierung hält das nicht für ausreichend und gab als Zielmarke bisher 90 Prozent aus.
Wie kommen die Unternehmen an die Tests?
In einem Brief an das Kanzleramt haben die großen Wirtschaftsverbände betont, jedes dritte Unternehmen berichte von Schwierigkeiten bei der Verfügbarkeit. Bund und Länder hätten viele der Tests auf dem Markt bereits für die Schüler reserviert. Die Verbände fordern deshalb, Tests aus nicht genutzten Kontingenten kostengünstig den Firmen zur Verfügung zu stellen. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Wochenende in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt: "Es sind auf dem Markt mittlerweile genügend Tests verfügbar. Man muss sich darum aber kümmern. Wer jetzt erst anfängt, Angebote einzuholen, der braucht wahrscheinlich eine Anlaufzeit von zwei oder drei Wochen. Mehr aber auch nicht."
Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr im Büro überhaupt?
Führende Aerosol-Forscher aus Deutschland betonen, Sars-CoV-2 werde "fast ausnahmslos" in Innenräumen übertragen. Anstecken kann man sich demnach nicht nur beim direkten Treffen mit einem Infizierten, sondern auch in einem leeren, schlecht belüfteten Raum, in dem sich vorher ein Infizierter aufhielt. Berliner Mobilitätsforscher fordern deshalb, dass man Mehrpersonenbüros nur noch mit gültigem Schnelltest oder nach Impfung betreten darf - oder alle müssten FFP2-Maske tragen.
Warum hat sich die Koalition nun offenbar doch bei dem Thema geeinigt?
Vor allem die SPD hatte darauf gedrungen, dass die Unternehmen zu den Testangeboten verpflichtet werden. Die Union wollte das zunächst nicht. Nun macht sie dem Vernehmen nach mit, weil sie ein anderes Vorhaben nicht aufs Spiel setzen will: Im Paket mit der Testangebotspflicht sollen nämlich auch die bundeseinheitlichen Regeln im Kampf gegen die dritte Corona-Welle im Kabinett beschlossen werden.
Was sagt die Wirtschaft dazu?
Wirtschaftsverbände lehnen die Maßnahme ab. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter spricht von einer "Misstrauenserklärung gegenüber den Unternehmen und ihren Beschäftigten". Die Testpflicht führe zu mehr Bürokratie und diskreditiere das freiwillige Engagement der Unternehmen.