E-Auto-Produktion in Köln Fords Zeitenwende
Ford hat in Köln seine erste E-Auto-Produktion in Europa eingeweiht. Es ist Auftakt zu einem Strategiewechsel: In der Stadt läuft künftig nicht mehr das günstige Modell Fiesta vom Band, sondern ein teurer Elekto-SUV.
Es wirkt etwas inszeniert: Eine Karosse des neuen vollelektrischen SUV Ford Explorer hängt am Laufband. An den Laufbändern hinter dem Rampenlicht hängen noch die Rahmen des bescheidenen Fiesta, der in Kürze dem doppelt so großen Lifestyle-Auto weichen wird. An einem abgesteckten Bereich warten Fotografen, Kamerateams und Journalisten, bis Bundeskanzler Olaf Scholz und der Aufsichtsratsvorsitzende der Ford Motor Company William Clay Ford - der Urenkel des Firmengründers - auftauchen.
An der SUV-Karosse warten zwei Ford-Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin aus der Produktion. Es war wohl der Wunsch des Kanzlers, einen direkten Austausch mit ihnen zu haben. Bei dem Gespräch erzählt Ingenieur Sami Özberk, dass die Familie seit drei Generation im Betrieb beschäftigt ist. Es ist ein Fototermin, Fragen der Journalisten sind nicht erlaubt.
Produktionsstart im September
Es liegt viel Pathos in der Luft, als Olaf Scholz und William Clay Ford am Montag den digitalen Buzzer für den symbolischen Start der E-Auto-Produktion von Ford in Europa drücken. Von einer "neuen Ära" spricht Scholz. Man schreibe Geschichte, wie etwa vor 93 Jahren, als Henry Ford zusammen mit Konrad Adenauer, der damals noch Oberbürgermeister von Köln war, die erste Produktionsstraße bei Ford in Betrieb nahm.
Auch jetzt soll es einen Aufbruch geben. Die Werkshalle wird komplett umstrukturiert - raus mit dem Verbrennern, rein in die E-Mobilität. Anfang Juli geht hier der letzte Fiesta vom Band. Anfang September folgt der SUV Explorer, kommendes Jahr sollen die ersten Autos dieses Typs ausgeliefert werden. Dann sollen hier 250.000 E-Autos pro Jahr produziert werden.
Für den Umbau investiert Ford zwei Milliarden Euro, und das vor dem Hintergrund, dass andere amerikanische Autohersteller den Produktionsstandort Europa verlassen haben, wie der Chef des US-Mutterkonzerns William Ford betont: "Wir haben uns entschieden zu bleiben, zu investieren und die Zukunft zu gestalten - Ford neuen Atem einzuhauchen."
Später Strategiewechsel
Mit dem Explorer läutet Ford in Europa eine neue Strategie ein: Nach dem Fiesta soll auch der Focus nicht mehr produziert werden. Deutlich weniger Modelle, dafür höherpreisig. Der Explorer soll bis zu 45.000 Euro kosten, doppelt so viel wie der Fiesta jetzt.
Ein gewisses Wagnis, findet auch Helena Wisbert von der Universität Wolfsburg. Mit E-Autos, die in Europa produziert werden, sei es derzeit schwierig, Gewinn zu machen. Noch ist man auf die Zulieferung von wichtigen Bauteilen angewiesen. Ford kooperiert zum Beispiel mit VW, um sich Bauteile des ID.3 wie die teure Batterie zuliefern zu lassen.
Ein Ford Explorer im Werk in Köln - das Elektroauto soll bis zu 45.000 Euro kosten.
Trotzdem sei es ein positives Signal, denn jetzt gelte es schnell in den Markt zu kommen - und bestehende Lösungen zu nutzen, so die Automobilexpertin. Denn die Konkurrenz aus China drängt in den europäischen Markt. Dort habe man bereits Modelle entwickelt, die komplett in eigener Produktion entstehen, sodass man dort die hundertprozentige Kostenkontrolle habe. Die Verkaufspreise sind jetzt schon auf dem asiatischen Markt deutlich günstiger.
Zukunft in Köln
Trotzdem ist es für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Ford ein Lichtblick. Im Frühjahr fiel noch die Entscheidung, 2300 der insgesamt 14.000 Stellen in Köln zu streichen, um den Standort zu sichern. Trotz der neuen Produktion bleibt es dabei. Für die verbleibenden Mitarbeiter ist der Strategiewechsel jetzt eine Zukunftssicherung - zumindest hoffen das viele.
"Diejenigen, die am Band stehen, wollen, dass die Zukunft mit uns und mit ihnen ist", appellierte auch Kanzler Scholz. "Sie wollen bei den Technologien dabei sein, die für die Zukunft wichtig sind." Ingenieur Sami Özberk ist einer, dessen Job durch die Produktion des Explorer gesichert ist. Jetzt muss sich das neue Modell auf dem Markt bewähren und dem Konzern Geld einbringen.