Tourismus-Branche Reisekonzern FTI wird abgewickelt
Der insolvente Reisekonzern FTI sitzt auf einem Schuldenberg von einer Milliarde Euro und wird jetzt abgewickelt. Pauschalreisende erhalten Erstattungen vom Reisesicherungsfonds. Für andere Kunden gibt es weitere Wege.
Das mit einer Milliarde Euro verschuldete Reiseunternehmen FTI wird abgewickelt. FTI hatte im Juni dieses Jahres Insolvenz angemeldet. Insolvenzverwalter Axel Bierbach sagte, die schätzungsweise 350.000 Gläubiger könnten jetzt ihre Forderungen anmelden. Bierbach zufolge gab es keine Perspektive, den Reisekonzern zu erhalten.
Während des Insolvenzverfahrens wird geprüft, ob ein Unternehmen saniert, restrukturiert und gerettet werden kann. Ist das nicht der Fall, wird versucht, die Gläubiger aus dem noch vorhandenen Vermögen zu befriedigen: Das Unternehmen wird zerschlagen, Vermögenswerte werden verkauft, die Erlöse werden an die Gläubiger verteilt.
Reisesicherungsfonds springt ein
Die meisten der Gläubiger sind Pauschalreisende, die ihre Vorauszahlungen vom Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) zurückbekommen sollen. Rund 175.000 Reisende hatten ihre Reise bereits ganz oder teilweise bezahlt. So kurz vor den Sommerferien scheiterte der Versuch, sie auf andere Veranstalter umzubuchen. Das Geld für die Pauschalreise bekommen sie vom DRSF - das betrifft 90 Prozent der Urlauber. Manche Pauschalurlauber hatten aber zum Beispiel einen Ausflug dazugebucht. Das dafür bezahlte Geld ersetzt der DRSF nicht. Die Forderung kann aber beim Insolvenzverwalter angemeldet werden.
Auch Kunden, die Einzelleistungen bei FTI gebucht haben, können ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. Der Insolvenzverwalter appellierte aber an die Kunden, zunächst die Erstattungswege über den DRSF und Zahlungsdienstleister zu nutzen und nicht mehrere Anträge gleichzeitig zu stellen, um das Verfahren nicht zu blockieren.
Erlöse sind völlig offen
Reisebüros erhalten ihre Provision in der Regel erst nach Abflug der Kunden. Wie das ist, wenn der Abflug gar nicht stattfand und womöglich gar kein Schaden entstand, weil das Reisebüro den Urlaubern stattdessen eine andere Reise verkaufte, müsse auch geprüft werden, sagte Bierbach. "Die gesamte Abwicklung wird Jahre dauern", so der Insolvenzverwalter. "Das ist ein Marathon."
Während sich Pauschalreisende keine großen Sorgen machen müssen, sieht es laut Bierbach für rund 2.500 Hotels, für Reisebüros, Fluggesellschaften, Banken und für den staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) anders aus. Der WSF gehört dem Bund und hatte Europas drittgrößtem Reisekonzern FTI während der Corona-Pandemie rund 600 Millionen Euro geliehen. Wieviel Geld die Gläubiger eines Tages bekommen werden, ist völlig offen.
Teilweise neue Eigentümer gefunden
Von den rund 1.400 Beschäftigten in Deutschland erhält rund die Hälfte jetzt die Kündigung, von denen etwa 130 noch das Unternehmen mit Bierbach abwickeln. Die andere Hälfte behielt ihre Jobs durch den Verkauf von FTI-Gesellschaften oder kam bei anderen Reiseanbietern unter.
Neue Eigentümer fand der Insolvenzverwalter bereits für den Luxusreiseveranstalter Windrose, die Servicecenter-Gesellschaft erf24 aus Erfurt, die Marke 5vorFlug und Anteile an der TVG Touristik Vertriebsgesellschaft. Die Hotelgesellschaften in den Reiseländern zählen 54 Häuser, wovon nur acht FTI gehören, die anderen waren geleast. Da sie nur zu rund 20 Prozent von FTI-Gästen abhängig waren, konnten sie rasch weiterarbeiten.
Gläubigerversammlung im November
Konkurrenten wie TUI, DERTOUR oder Alltours schlossen die Lücken schnell und verkauften FTI-Kunden neue Reisen. "Wir befinden uns mit mehreren Bietern in intensiven und bereits fortgeschrittenen Verhandlungen und sind zuversichtlich, gute Lösungen für die Gläubiger und die betroffenen Mitarbeiter zu finden", sagte Bierbach. Von den Zielgebietsagenturen in 17 Ländern, die mit rund 1.500 Mitarbeitenden Reisende vor Ort betreuten, konnte nur ein Teil neue Auftraggeber finden.
Am 20. November findet die erste Gläubigerversammlung in München statt. "Ich glaube, da werden nicht viele kommen", sagte Bierbach: Die meisten der 350.000 Gläubiger hätten gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht so hohe Forderungen, dass sich die Anreise lohne.