Modulare Häuser Bauen nach dem Lego-Prinzip
Schnell mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen: dabei helfen könnte serielles modulares Bauen. Doch ein Allheilmittel ist es nicht - das Problem der fehlenden Flächen bleibt.
Die Module kommen aus der Fabrik. Es sind fertige Räume mit Steckdosen, Fliesen und Badewannen, die auf der Baustelle nur noch ineinandergesteckt werden müssen wie Lego-Bausteine. Insgesamt 91 Wohneinheiten hat die kwb, die Kommunale Wohnungsbau GmbH Rheingau-Taunus, auf diese Weise schon gebaut, die ersten 2019 im hessischen Idstein.
In vier Monaten zum Einzug
Vor allem die schnelle Bauzeit hat Geschäftsführer Ditmar Joest überzeugt. Das Gebäude in Idstein hat die kwb mitten in einer bestehenden Wohnanlage errichtet. Weniger Baulärm, weniger Schmutz - auch für die Menschen, die direkt neben der Baustelle leben, sei das deutlich angenehmer. "Von den Anwohnern gab es gar keine negative Resonanz, die fanden eher spannend, wie schnell Wohnraum entstehen kann", sagt Joest.
Das erste Mehrfamilienhaus in Idstein wurde innerhalb von acht Wochen errichtet und war nach vier Monaten bezugsfertig. Beim konventionellen Bau hätte das zwölf bis 14 Monate gedauert. Wohnungswirtschaftsverbände sehen im seriellen modularen Bauen deshalb eine Chance, um schneller und effizienter Wohnraum zu schaffen. Und auch die neue Bundesregierung will das Thema vorantreiben, um ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu erreichen.
Axel Tausendpfund, Vorstand beim Verband VdW südwest, begrüßt das. Für ihn überwiegen beim modularen Bauen klar die Vorteile. Wer mit fertigen Bausteinen aus der Fabrik baue, könne Kosten besser kalkulieren. Und es gehe auch weniger Zeit für die Planung drauf. "Wohnungsunternehmen können quasi aus dem Katalog Häuser aussuchen", sagt Tausendpfund.
Die Rohbau-Komponente eines modularen Hauses.
Bislang keine Kostenersparnis
Noch sind modular gebaute Mehrfamilienhäuser aber eine Nische. Ihr Marktanteil ist in Deutschland verschwindend gering - laut VdW südwest liegt er bei gerade einmal vier Prozent. Woran das liegt? "Ich denke, es hat damit zu tun, dass man beim Wort Modul in Deutschland schnell an Plattenbauten denkt - und die haben kein gutes Image", sagt Tausendpfund. Zu Unrecht, denn modular gebaute Häuser müssen in Deutschland dieselben Qualitätskriterien erfüllen wie herkömmliche Gebäude. Wenn das Gebäude steht, erkenne man auch optisch keinen Unterschied.
Geld zu sparen und so Wohnungen billiger zu vermieten ist mit Fertig-Mehrfamilienhäusern aus der Fabrik bislang aber nicht möglich. Dafür ist die Nachfrage bei den wenigen Anbietern noch zu gering. Erst wenn viele Module in Serie produziert werden, könnte sich das ändern. Und es bleiben auch Probleme, mit denen die gesamte Branche zu kämpfen hat - zum Beispiel fehlendes Bauland und lange Genehmigungsverfahren bei Behörden.
Lange Vorlaufzeiten von Bauprojekten
Für Ralph Henger, Immobilienökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, ist der Mangel an Bauflächen das entscheidende Nadelöhr. Vor allem in Großstädten, in denen die Nachfrage nach Wohnraum besonders hoch ist, sind sie knapp. Die Ankündigung von Bundesbauministerin Klara Geywitz von der SPD, den modularen Wohnungsbau voranzutreiben, um Bauen zu beschleunigen, lenkt für Henger vom zentralen Problem ab und sollte daher nicht zu hoch aufgehängt werden.
Kwb-Geschäftsführer Joest würde gerne mehr, schneller und günstiger Bauen. Doch auch ihm fehlt die Phantasie, wie man das angesichts der bestehenden Vorgaben schaffen soll. Es sei nicht ungewöhnlich, dass ein Bauprojekt einen Vorlauf von zehn Jahren habe. "Ich habe auch noch nie erlebt, dass eine Baubehörde sagt: Wir verzichten auf dies oder jenes, damit es noch schneller geht."
Aus Joests Sicht ist das modulare Bauen auch deshalb kein Allheilmittel, weil es nicht für jedes Projekt funktioniert. Aber gerade dort, wo es eng ist und Flächen nachverdichtet werden, ist das Bauen nach Baukasten-Prinzip für ihn die Lösung - allein schon, um die Belästigung für die umliegenden Anwohner zu verringern.