Bekannt aus "Höhle der Löwen" Warum die Social Chain AG pleite ging
Die Social Chain AG hat sich hohe Ziele gesetzt - und komplett verfehlt. Anstelle eines Milliardenumsatzes steht das Unternehmen vor dem Aus. Woran liegt das?
Histaminarme Snacks, minimalistische Filterkaffeekaraffen oder ein "Nasierer" - ein Rasierer für die Nase: Das sind einige der Produkte, die die Social Chain AG vertrieben hat. Das Geschäftsmodell: aufstrebende Marken und Unternehmen möglichst günstig kaufen und die Produkte über ein Netzwerk aus Influencern per Social Media vertreiben.
Mediale und öffentliche Aufmerksamkeit bekam das Unternehmen durch die TV-Gründershow "Die Höhle der Löwen" des Fernsehsenders Vox. Zwei der Juroren, Georg Kofler und Ralf Dümmel, waren bis Juli 2023 beziehungsweise November 2022 Teil des Vorstands - mit großen Visionen. Noch im vergangenen Jahr sagte Dümmel dem Branchenmagazin Gründerszene: "Wir haben relativ konkret gesagt, dass wir das Ziel haben, in den nächsten zwei Jahren im Geschäftsjahr 2023 die Milliardenumsatzgrenze zu knacken, und da sind wir zuversichtlich."
Doch es kam anders - seit gestern ist bekannt: Die Social Chain AG ist pleite. Vom Unternehmen hieß es, ein Insolvenzantrag werde vorbereitet. Es ist eine Pleite mit Ansage. Die Social Chain AG steckt schon seit längerer Zeit in Schwierigkeiten. Zuletzt scheiterte der Versuch, per Kapitalerhöhung frisches Geld zu sammeln. Auch die Bilanzen des Konzerns stehen in der Kritik. Die Finanzaufsicht BaFin hat im Konzernabschluss des Jahres 2021 Fehlbuchungen im Millionenhöhe bemängelt.
Zuordnungsfehler wegen eines Software-Problems?
"Man hat festgestellt, dass wesentliche Kennziffern der Kapitalflussrechnung falsch waren", erläutert Marc Liebscher von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V. "Im Kern geht es darum, dass operativer Gewinn ausgewiesen wurde, operativer Cashflow, obwohl der nicht vorlag - rund 50, 60 Millionen Euro. Wenn man das in den Blick nimmt, heißt das, dass in dem betroffenen Jahr 2021 das Unternehmen kein Gewinne wirklich erwirtschaftet hat, sondern Verlust."
Das Unternehmen erklärte die Fehlbuchungen in einem Statement gegenüber der ARD-Finanzredaktion mit einem IT-Problem.
In der Konzernkapitalflussrechnung ist es in Folge einer falsch konfigurierten Software zu Zuordnungsfehlern gekommen, die zu einer Fehlerfeststellung durch die BaFin geführt haben. Wir bedauern diese Fehler und haben diese auch den Regeln entsprechend bereits im Konzernabschluss zum 31.12.2021 erläutert und rückwirkend korrigiert.
"Einen Riesenbock geschossen"
Anlegerschützer Liebscher sieht diese Erklärung skeptisch: "Man hat einen Riesenbock geschossen", konstatiert er. Es stehe die Frage im Raum: War das ein Versehen? "Denn es ist ganz offensichtlich hier, dass das falsch zugeordnet wurde, dass diese Zahlen auch sichtbar falsch zugeordnet sind, das ist erstes Semester BWL", so Liebscher. "Hinzu kommt, es führt dazu, dass die wesentlichen interessante Kennzahl viel schöner ist, sodass es mir schwer fällt, hier an ein Versehen zu glauben."
Den Glauben an steigende Kurse und einen Milliardenumsatz mussten die Aktionäre der Social Chain AG begraben. Binnen Jahresfrist verlor die Aktie nahezu ihren kompletten Wert. In der "Höhle der Löwen" hätte der Konzern in dieser Lage wohl schlechte Chancen.
Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Georg Kofler und Ralf Dümmel seien "bis zuletzt" Teil des Vorstands der Social Chain AG gewesen. Korrekt ist: Ralf Dümmel schied bereits im November 2022 aus dem Vorstand aus, Georg Kofler blieb bis zum 24. Juli 2023 Vorstandsmitglied. Wir haben den Text entsprechend angepasst.