Wegen Steuern und Verboten Wie sich Tabakkonzerne neu ausrichten
Noch immer erzielen die großen Tabakkonzerne Milliardengewinne mit Zigaretten. Doch nach erfolgreichen Jahrzehnten steuern BAT, Altria & Co. angesichts zunehmender Verbote und steigender Tabaksteuern langsam um.
Noch betreiben sie ein äußerst lukratives Geschäft. Doch die Erlöse und Gewinne der großen Tabakkonzerne dürften in den kommenden Jahren weiter unter Druck geraten. Neue Beschränkungen könnten die Gewinne schmälern, höhere Steuern sollen in der Corona-Krise Staatseinnahmen erhöhen und werden die Preise für den "blauen Dunst" weiter in die Höhe schrauben.
In Deutschland steht die erste Erhöhung der Tabaksteuern seit 2015 an. Im Frühjahr einigten sich die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD auf die Rahmenbedingungen der Steuererhöhungen. Damit sollen zusätzliche Einnahmen von 11,3 Milliarden bis Ende 2025 erzielt werden. Gut die Hälfte davon soll durch die klassische Tabaksteuer mehr eingenommen werden, E-Zigaretten sollen Steuereinnahmen von drei Milliarden Euro erzielen und auch weniger schädliche Produkte der Branche sollen knapp zwei Milliarden Euro beisteuern. Dazu gehören etwa Tabakerhitzer, die die Hersteller in den vergangenen Jahren auf den Markt gebracht hatten. Die Steuererhöhungen sollen schrittweise ab 2022 starten.
"Rauchfreies Deutschland" gefordert
Für die Tabakkonzerne ist dies ein weiterer Einschnitt, nachdem Mitte 2020 der Verkauf von Mentholzigaretten in der EU verboten wurde. Den Gesundheitsorganisationen geht die Steuererhöhung aber nicht weit genug. Noch deutlich höhere Steuern seien nötig, um Menschen vom Rauchen abzubringen, so etwa eine Stellungnahme des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). Anlässlich des Weltnichtrauchertags am 31. Mai forderten etwa das Aktionsbündnis Nichtrauchen und die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DPG) ein "rauchfreies Deutschland" bis zum Jahr 2040.
Bis dahin dürfte es noch ein weiter Weg sein. Zwar sank der Tabakkonsum zwischen 2011 und 2020 um etwa 30 Prozent. Noch immer aber raucht knapp ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland.
Milliardenerträge mit Zigaretten
Die Tabakkonzerne, für die Deutschland ein wichtiger, aber nicht entscheidender Markt ist, steuern seit Jahren um, doch mit der traditionellen Zigarette verdienen Altria, Philip Morris International oder British American Tobacco (BAT) weiterhin gut. BAT etwa hat im vergangenen Jahr rund 6,4 Milliarden Britische Pfund netto verdient, ein Großteil davon wurde an die Aktionäre in Form einer Dividende ausgeschüttet. Und die aktuelle Geschäftsprognose für das erste Halbjahr, die heute veröffentlicht wurde, liest sich aus Sicht des Unternehmens nicht schlecht: So erwartet der Konzern für das laufende Geschäftsjahr ein Wachstum von mehr als fünf Prozent. Das übersteigt auch die bisherigen Prognosen.
BAT legt nach eigenen Aussagen mehr Wert auf Produkte "neuer Kategorien" wie E-Zigaretten und Tabakverdampfer. Nach früheren Angaben will der Tabakriese in den kommenden zehn Jahren rund 50 Millionen Kunden für die Verdampfer gewinnen, derzeit liegt die gesamte Kundenbasis bei 150 Millionen.
Auch die großen Konkurrenten Altria und Philip Morris sind im Geschäft mit E-Zigaretten und Tabakverdampfern stark vertreten. Ohne allerdings die klassische Zigarette abzuschreiben. Philip Morris Deutschland etwa erhöhte kürzlich sogar im Werk Dresden die Produktion. Wegen zeitweise geschlossener Grenzen in der Pandemie nahm die Nachfrage nach Zigaretten aus heimischer Produktion sogar zu. Zudem verzeichnete das Unternehmen höhere Nachfrage nach "Feinschnitt"-Tabak. Er wird für selbst gedrehte Zigaretten genutzt - Raucher suchen stärker nach kostengünstigen Alternativen zur Zigarette aus der Packung.
Tabakverdampfer und Cannabis-Produkte
Wie schnell die Tabakkonzerne strategisch umsteuern können, werden die kommenden Jahre zeigen. So wollen einige der Hersteller auch neue Produkte ohne Nikotin, dafür aber mit Koffein anbieten. Auch an Cannabis-Produkten arbeiten sie. Eine weitere Legalisierung von Cannabis könnte ihnen neue Milliardenumsatzquellen erschließen.
Der Druck auf die klassische Zigarette von staatlicher Seite dürfte diesen Wandlungsprozess der Anbieter aber beschleunigen und gleichzeitig belasten. Das gilt vor allem für den weltweit wichtigsten Absatzmarkt der Tabak-Multis, die USA: Die neue US-Regierung unter Joe Biden will laut Medienberichten den Nikotingehalt bei Zigaretten so weit absenken, dass sie nicht mehr süchtig machen sollen. Zudem könnten Mentholzigaretten auch den USA vor einem Verbot stehen.