Streit um US-Haushalt Worum geht es? Was sind die Folgen?
Weil sich Demokraten und Republikaner nicht auf ein Übergangsbudget einigen konnten, sitzen große Teile der Bundesverwaltung auf dem Trockenen. Der Finanzierungsstopp hat Auswirkungen auf die US-Wirtschaft und den Alltag der Bürger.
Worüber streiten Demokraten und Republikaner?
Repräsentantenhaus und Senat müssen einen Haushalt bewilligen, sonst kann die Regierung kein Geld ausgeben. Das neue Haushaltsjahr in den USA beginnt am 1. Oktober. Wird kein Etat verabschiedet, kommt es zum sogenannten "Government Shutdown". Die Regierung muss ihre Tätigkeit teilweise einstellen.
Warum gibt es keine Einigung?
Die Republikaner stellen im Repräsentantenhaus die Mehrheit und knüpfen eine Zustimmung zum Haushalt an Bedingungen, die der demokratisch dominierte Senat und US-Präsident Barack Obama ablehnen. Dazu gehört die Forderung, die am 1. Oktober in Kraft getretenen wichtigen Teile der umstrittenen Gesundheitsreform ("Obamacare") rückgängig zu machen.
Wie konnte es so weit kommen?
Demokraten und Republikaner sind sich einig, dass Schulden abgebaut werden müssen. Uneinigkeit herrscht jedoch über den besten Weg zum Abtragen des Defizits. Die Demokraten wollen Ausgaben kürzen und gleichzeitig Steuern erhöhen. Die Republikaner sind für radikale Budgetkürzungen und lehnen Steuererhöhungen strikt ab. Beide Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber, eine Bereitschaft zum Kompromiss ist in dieser und vielen anderen Fragen seit Jahren nicht zu erkennen. Beobachter bemerken eine zunehmende Polarisierung der beiden Lager sowie eine andauernde Blockade. Im April 2011 war ein Shutdown erst im letzten Moment verhindert worden. Die konservative Partei würde von Lobbyisten und der Tea-Party-Bewegung getrieben, erklärt Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Diese hätten fast alle Abgeordneten dazu gebracht, einen Eid gegen Steuererhöhungen abzulegen. Da bald Wahlen anstehen, wolle folglich jetzt niemand in ihren Reihen für Steuererhöhungen stimmen. Zudem setzt die Tea Party alles in Bewegung, die Gesundheitsreform zu verhindern.
Was denken die US-Bürger darüber?
Viele haben die Blockade satt. Zwar zeigen Umfragen, dass etwa die Hälfte der Befragten gegen die Gesundheitsreform ist. Doch acht von zehn US-Amerikanern halten es für unannehmbar, deswegen mit einer Schließung von Ämtern zu drohen. Eine Mehrheit gibt dafür den Republikanern die Schuld. In den 1990ern profitierte der demokratische Präsident Bill Clinton von dem Shutdown.
Was passiert bei einem Shutdown?
Die Regierung muss ohne bewilligten Haushalt alle nicht unbedingt notwendigen Tätigkeiten einstellen. Dafür wird etwa ein Drittel der Bundesbehörden geschlossen. Ungefähr 800.000 der 2,1 Millionen Bediensteten des Bundes müssen in unbezahlten Urlaub. Andere Quellen sprechen von bis zu einer Million. Nationalparks und Museen haben nicht mehr geöffnet. Auch die Steuerbehörde stellt fast komplett die Arbeit ein, ebenso die Weltraumbehörde Nasa. Betroffen sind auch Mitarbeiter von Präsident Obama im Weißen Haus. Fluglotsen, Grenzbeamte, Soldaten und Polizisten können jedoch weiterarbeiten.
Was bedeutet das für die Wirtschaft in den USA?
Eine kurze Einstellung der Regierungstätigkeit hat wohl keine gravierenden Auswirkungen. Der letzte Shutdown Mitte der 1990er-Jahre dauerte wenige Tage und kostete die USA etwa zwei Milliarden Dollar, wie Stormy-Annika Mildner von der Stiftung Wissenschaft und Politik Tagesschau24 sagte. Unsicherheit ist allerdings Gift für die Wirtschaft. Die Investmentbank Goldman Sachs schätzt, dass ein dreiwöchiger Shutdown die jährliche Wachstumsrate der USA im vierten Quartal 2013 um bis zu 0,9 Prozentpunkte schrumpfen lassen würde.
Welche Folgen hat das für die Weltwirtschaft?
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat berechnet, dass durch einen vorübergehenden Government Shutdown in den USA das Wirtschaftswachstum in anderen Teilen der Welt um 0,5 Prozentpunkte sinken könnte.
Was hat es mit der Schuldenobergrenze auf sich?
Für die jährlichen Bundeshaushalte der USA gilt ein gesetzlicher Rahmen. Ein zentraler Maßstab ist dabei die Obergrenze für die Gesamtverschuldung - die Regierung darf nur bis zu einem vereinbarten Schuldendeckel Kredit aufnehmen. Das Ringen um den Haushalt bezeichnet Braml als "Wetterleuchten" im Vergleich zu dem "Donnerwetter", das ab Mitte Oktober bei der Abstimmung zur Erhöhung der Schuldengrenze ansteht. Dann muss die Grenze erneut angehoben werden. Sie liegt derzeit bei etwa 16,7 Billionen Dollar (etwa 12,4 Billionen Euro). Der aktuelle Streit um den Haushalt hat aber mit der Schuldengrenze nicht direkt zu tun. Republikaner und Demokraten sind so verfeindet, dass es vermutlich auch ohne den nahenden Termin zur Blockade im Haushaltsstreit und dem Shutdown gekommen wäre.
Was passiert, wenn die Schuldengrenze nicht angehoben wird?
Finden die Abgeordneten zu keiner Einigung bei der Erhöhung der Schuldengrenze, werden automatisch drastische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen wirksam. Oft wird dabei vom Sturz von der "Fiskalklippe" gesprochen. Die Notenbank würde nach Erreichen der Schuldenbremse mehr Geld in den Umlauf bringen, weswegen eine Inflation droht und Anlagen an Wert verlieren. Zahlreiche Experten befürchten in der Folge eine Rezession in den USA und damit weltweite Auswirkungen. "Ein logischer Schritt wäre dann, dass Ratingagenturen die USA weiter herabstufen und damit früher oder später die neue Schuldenaufnahme verteuern", sagt Braml. Die Dollar-Dominanz könnte zu Ende gehen, auch weil das politische System der USA handlungsunfähig geworden ist, fasst er zusammen. Kaum jemand könne exakt vorhersagen, welche Folgen das für die Weltwirtschaft hat. Bereits im Sommer 2011 hatte die Ratingagentur S&P den USA die Bestnote wegen des Etatstreits entzogen und die politische Blockade kritisiert - ohne gravierende Folgen.