DB schafft Plastikkarte ab BahnCard ab Juni nur noch digital
Ab dem 9. Juni bekommen DB-Kunden ihre BahnCard 25 oder 50 nicht mehr als Plastikkarte, sondern müssen sie digital nutzen. Das geht nur mit Kundenkonto in der App - was zu diversen Problemen führen kann.
Millionen Bahnreisende müssen sich ab Mitte des Jahres auf eine Änderung einstellen: Ab dem 9. Juni gibt es die beliebte BahnCard nur noch in digitaler Form, wie die Deutsche Bahn in dieser Woche an ihre Kundinnen und Kunden schreibt. Bereits im Dezember hatte der Konzern das Aus der Plastikkarte verkündet - allerdings noch ohne Gültigkeitsbeginn. Dieser steht nun fest.
Über fünf Millionen BahnCards im Umlauf
Ab dem 9. Juni gekaufte BahnCards 25 und 50 werden nicht mehr als Plastikkarten verschickt. Bestehende Karten können zwar noch bis zu dem aufgedruckten Gültigkeitsende genutzt werden, im Falle eines Verlusts werden aber keine Ersatzkarten mehr ausgestellt. Stattdessen sollen die Kundinnen und Kunden das Produkt mit ihrem bahn.de-Kundenkonto in die App "DB Navigator" laden und auf dem Smartphone nutzen.
Mit der BahnCard, die immer für ein Jahr gilt, erhalten Fahrgäste einen Rabatt für ihre Tickets. Inhaber der BahnCard 25 bekommen 25 Prozent auf den Kaufpreis - unabhängig von der Variante. Mit der BahnCard 50 gibt es sogar 50 Prozent Nachlass, allerdings nur auf das Flexticket und nicht auf Sparpreise. Dafür beträgt der Rabatt ebenfalls 25 Prozent. Unbegrenzt Bahnfahren zu einem Pauschalpreis ist mit der BahnCard 100 möglich, die weiter als Karte ausgegeben wird.
2022 gab es laut Deutscher Bahn mehr als 5,1 Millionen bestehende BahnCards. Davon machte die BahnCard 25 die große Mehrheit aus (knapp 3,8 Millionen). Dahinter folgten die BahnCard 50 mit 1,3 Millionen und die Vielfahrer-BahnCard 100 mit rund 46.400. "Die BahnCard ist ein höchst beliebtes Produkt bei Fahrgästen", sagt Melanie Schliebener von der Schlichtungsstelle Nahverkehr im Gespräch mit tagesschau.de. Bei mehr als drei oder vier Reisen im Jahr lohne sich die BahnCard 25 meistens schon. "Und das wissen die Leute auch."
"Bahn will einfach Kosten sparen"
60 Prozent der Bahnfahrenden nutzen die BahnCard den DB-Angaben zufolge schon jetzt in digitaler Form in der App. Generell werden im Fernverkehr mittlerweile 84 Prozent aller Tickets digital über bahn.de oder den "DB Navigator" gekauft - Tendenz stark steigend, wie der Konzern mitteilt. Vor zehn Jahren seien es noch 51 Prozent gewesen. Dass die BahnCard bald ausschließlich digital nutzbar ist, begründet das Unternehmen auch mit dieser zunehmenden Digitalisierung.
Zudem verweist die Deutsche Bahn auf den Umweltschutz: "Als klimafreundliches Verkehrsmittel sieht sich die Deutsche Bahn in Zeiten des Klimawandels in einer besonderen Verantwortung zu handeln", schreibt der DB-Konzern. Allein durch den Verzicht auf die analogen Karten werde die Bahn 30 Tonnen Plastik pro Jahr einsparen, so eine Sprecherin gegenüber tagesschau.de.
Verbraucherschützerin Schliebener hält das Plastikmüll-Argument für vorgeschoben: "Es ist ja kein Naturgesetz, dass die BahnCard auf Plastik gedruckt werden muss." Außerdem gebe es an anderen Stellen sicherlich mehr Potenziale für Umweltschutz - etwa bei Kaffeebechern in den Zügen. "Die Bahn will mit der digitalen BahnCard einfach Kosten sparen und das kann man dann auch sagen", sagt Schliebener.
Viele Menschen ausgeschlossen?
Darüber hinaus begründet die Bahn die Entscheidung damit, dass BahnCard-Inhaber künftig Anpassungen "bequem selbstständig" vornehmen könnten. "Und einmal in der App DB Navigator hochgeladen, ist die digitale BahnCard immer und überall dabei und kann nicht mehr verloren gehen", sagt die DB-Sprecherin.
"Anpassungen gibt es in der Regel relativ wenig, weil man die BahnCard überhaupt nicht anpassen kann. Man kann sie abonnieren oder kündigen", kontert Schliebener. Ansonsten kenne jeder die Vorteile der Digitalisierung. "Das Problem, was man aber sehen muss: Es gibt viele Menschen, die damit ausgeschlossen werden." Für diejenigen sei es ein Handicap.
Als Beispiel nennt Schliebener, die Fahrgäste in Nordrhein-Westfalen in Streitfällen mit Verkehrsbetrieben berät, Eltern, deren Kinder kein Smartphone besitzen sollen: "Viele Kinder haben die günstigere Jugend BahnCard 25, um alleine zu Großeltern oder so zu fahren." Dazu kämen Verbraucherinnen und Verbraucher, die keinen digitalen Zugang haben oder es einfach nicht wollen. "Ich hätte mir gewünscht, dass man es zur Wahl stellt, ob man die BahnCard analog oder digital möchte."
Weiterhin analoges Ersatzdokument
64 Prozent der Bürgerinnen und Bürger finden es "eher schlecht oder sehr schlecht", wenn sie Bahntickets ausschließlich über das Internet oder Apps buchen können. Das ergab kürzlich eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) unter 1.000 Befragten über 16 Jahren. Besonders kritisch sehen den reinen Online-Verkauf danach ältere Leute. 75 Prozent der Menschen über 50 Jahren halten dies für schlecht. Doch sogar unter den jüngeren 18- bis 29-Jährigen sieht fast jeder zweite Befragte den reinen Online-Verkauf kritisch.
"Wir wissen, dass ein Teil unserer Kundinnen und Kunden auf analoge Alternativen noch nicht verzichten möchte", heißt es von der Bahnsprecherin. So gebe es im Reisezentrum auf Wunsch weiterhin einen Papierausdruck ihres Tickets. Das gelte dann auch bald für die BahnCard. "Auch bei der der Umstellung der BahnCards 25 und 50 auf digitale Produkte werden wir ein analoges Ersatzdokument - ob als PDF-Dokument in digitaler Form oder als Papier-Ausdruck - im Zug anerkennen."
Verbraucherschützer begrüßen das, haben aber dennoch Einschränkungen. "Der ersatzweise gültige Papierausdruck muss auch für Menschen ohne digitales Kundenkonto zugänglich sein, etwa, indem es im Reisezentrum ausgehändigt wird. Kostenlos versteht sich", meint etwa vzbv-Chefin Ramona Pop. Auch Schliebener fordert: "Die Kanäle müssen eindeutig sein: Wo und wie bekomme ich das Formular?"
Probleme etwa bei leerem Akku
Das Grundproblem des digitalen Zugangs bleibe, so Schliebener. "Viele wollen nicht unbedingt, dass ihre Daten - zum Beispiel die E-Mail-Adresse - erfasst werden." Tatsächlich ist der Kauf einer BahnCard, was übrigens nur persönlich geht, ab Juni nur noch mit einem Kundenkonto auf bahn.de möglich. Dafür ist die Angabe einer gültigen E-Mail-Adresse erforderlich. Für den eigentlichen Zweck der BahnCard, nämlich die Nutzung des Rabatts, sei das eigentlich überhaupt nicht nötig, kritisiert Schliebener. "Das stößt vielen Menschen auf."
Eine weitere Schwierigkeit sei das Smartphone, auf dem die digitale BahnCard angezeigt werden muss. "Der Fahrgast hat die Verantwortung, das Handy immer geladen, funktionsfähig und auf dem aktuellen Stand zu haben", sagt Schliebener. Als Streitmittlerin kenne sie solche Fälle. "Wir haben immer wieder Probleme, dass die Leute das Deutschlandticket nicht richtig geladen haben." Nicht jeder könne gut mit seinem Smartphone umgehen. "Das wird zu einer Hürde zu Lasten der Fahrgäste."
Wenn Bahnreisende ihre BahnCard bei der Fahrkartenkontrolle nicht vorzeigen können, müssen sie im Zug den doppelten Fahrpreis zahlen. Eine Rückerstattung ist zwar mit der Karte und der originalen sowie nachgelösten Fahrkarte möglich - jedoch abzüglich einer Bearbeitungsgebühr und nur mit einer Frist von 14 Tagen im DB-Reisezentrum.