Energiewende Balkonkraftwerke boomen
Seit der Energiekrise sind steckerfertige Solaranlagen stark gefragt. Am Wochenende hat die Zahl der Balkonkraftwerke nun erstmals die Marke von einer halben Millionen überschritten.
Die Zahl der Balkonkraftwerke hat am Wochenende die Marke von einer halben Million übersprungen, wie aus Daten der Bundesnetzagentur hervorgeht. Das ist mehr als eine Verdoppelung seit Mitte 2023. Alleine im laufenden Quartal sind nach etwas mehr als zwei Monaten bereits mehr als 94.000 Mini-Solaranlagen in Betrieb gegangen. Aller Voraussicht nach wird der bisherige Installationsrekord von rund 100.000 aus dem zweiten Quartal vergangenen Jahres übertroffen.
"Auf Deutschlands Balkonen findet derzeit eine kleine Energie-Revolution statt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig: "Endlich ist die Energiewende auch bei den Mieterinnen und Mietern angekommen."
Am Samstag war mit 500.810 angeschlossenen Anlagen erstmals die Zahl von mehr als einer halben Millionen erreicht worden. Die tatsächliche Zahl der Balkonkraftwerke dürfte aber höher sein. Denn Betreiber haben nach Inbetriebnahme einen Monat Zeit für die Anmeldung.
Anmeldepflicht nur noch bei Netzagentur
Dass derzeit so viele Balkonkraftwerke ans Netz gehen, dürfte unter anderem an der Jahreszeit und günstigen Angeboten für die Anlagen liegen. Seit dem 1. April reicht darüber hinaus eine Registrierung im Marktstammdatenregister. Früher war auch eine Anmeldung beim Netzbetreiber vorgeschrieben.
Zudem sind Mitte Mai weitere Erleichterungen für Nutzer aus dem Solarpaket in Kraft getreten: So dürfen seit dem 16. Mai übergangsweise alte Stromzähler genutzt werden, die rückwärtslaufen, wenn Strom eingespeist wird. "Diese vorübergehende Duldung ermöglicht das unmittelbare Einstecken des Gerätes nach der Installation, unabhängig davon, welcher Stromzähler verbaut ist", erklärte die Verbraucherzentrale NRW. Der Netzbetreiber entscheide, ob und wann ein Tausch des Zählers erfolge. Dafür dürfe er keine Kosten in Rechnung stellen.
Weitere Änderungen werden derzeit vorbereitet: Unter anderem könnte es für Vermieter und Eigentümergemeinschaften schwieriger werden, Balkonkraftwerke von Mietern oder einzelnen Eigentümern zu verhindern. Eine Einigung könnte es bald geben.
Teilnehmen an der Energiewende
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, begrüßte die Entwicklung. "Wir haben die Registrierung von Balkonkraftwerken vereinfacht und entbürokratisiert", betonte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. "Das eröffnet vielen die Möglichkeit, bei der Energiewende mitzumachen."
Die Steckersolargeräte stellten eine niederschwellige Teilhabemöglichkeit für Millionen Energieverbraucher und -verbraucherinnen dar. Nach dem Abbau bürokratischer Hemmnisse rechnet Körnig damit, dass der Trend noch zunimmt. Die kleinen und vergleichsweise billigen Balkonkraftwerke haben seit 2022 - auch wegen der stark gestiegenen Strompreise - an Popularität gewonnen. 2022 waren gut 65.000 neue registriert worden, 2023 schon knapp 280.000, und im laufenden Jahr liegt der Wert bereits jetzt bei mehr als 150.000.
Sonnenenergie vom Balkon senkt Stromrechnung
Die Anlagen, die es teils bereits für einige hundert Euro gibt, bestehen aus Solarmodulen mit einem Wechselrichter, der den Solarstrom in Haushaltsstrom umwandelt, der über eine Steckdose direkt in das eigene Leitungsnetz eingespeist werden kann. Dort trägt der Strom zum Betrieb der Haushaltsgeräte bei und senkt so die Menge an Strom, die man vom Stromanbieter bezieht - und damit auch dessen Rechnung.
Überschüssiger Strom fließt entgeltfrei ins öffentliche Netz. Ob sich ein solches System lohnt, hängt laut Verbraucherzentrale unter anderem von Anschaffungspreis und Strompreis ab, aber auch davon, ob das Modul an seinem Standort möglichst lange und viel Sonne bekommt. Trotz des starken Wachstums spielen die Mini-Kraftwerke aber noch keine große Rolle bei der Stromerzeugung in Deutschland. Auch mit dem aktuellen Rekordstand liegt ihr Beitrag noch unter einem Promille.