Boomendes Eiswürfelgeschäft Gefrorenes Wasser für 3,49 Euro
Wasser kommt aus dem Hahn, und ein Gefrierfach haben auch die meisten - trotzdem boomt das Geschäft mit Eiswürfeln. Die Hersteller freut es, aber umweltfreundlich ist das nicht.
Als Carsten Schweitzer im Jahr 2003 gemeinsam mit seinem Vater eine Firma für Eiswürfel gründete, wurde er ausgelacht. "Gefrorenes Wasser in Tüten - ihr seid doch verrückt", habe es geheißen. Heute lacht der Unternehmer aus dem badischen Birkenfeld über die Kommentare von damals. Seine Firma "Crio Ice" war eines der ersten Eiswürfelunternehmen in Deutschland. 20 Jahre später ist das Eiswürfelgeschäft eine Wachstumsbranche, und Schweitzers Firma ist ganz vorne mit dabei.
Fast 6.000 Gefriertruhen hat sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgestellt, an den Tankstellen ist sie hier Marktführer. Schweitzers Firma konkurriert mit drei überregionalen Firmen, erzählt er. Darüber hinaus gebe es "in jeder großen Stadt in Deutschland" kleinere Anbieter. In vielen anderen europäischen Ländern sei das ähnlich, so Schweitzer: "Überall entstehen Firmen, die versuchen, die Nachfrage zu stillen."
Nachholbedarf nach Corona
Die meisten "Ice Frocks" - so nennt Schweitzer seine Eiswürfel - gehen an Privatkunden. Dazu kommt der Vertrieb an professionelle Kunden, also Gastronomen und Veranstalter. Diese Abnehmer fielen während der Corona-Jahre teilweise weg, die Umsätze der Eiswürfelbranche brachen ein. Umso besser läuft das Geschäft seit dem Ende der Einschränkungen. "Die Leute haben einen Nachholbedarf", sagt Schweitzer. Eisgekühlte Drinks für private Partys und professionelle Events seien sehr gefragt: "Es gibt definitiv einen Boom."
Besonders groß ist die Nachfrage jetzt im Sommer: "Mai bis September ist für uns Hauptsaison", sagt Schweitzer. Dann kommen zu seinen 20 festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch rund 20 Saisonkräfte dazu. Eiswürfel verkauft sein Unternehmen das ganze Jahr über, gewinnbringend ist das laut Schweitzer aber nur in den wärmeren Monaten. Dann aber sind die Umsätze so hoch, dass es sich auch insgesamt auszahlt: Sein Unternehmen wächst. "Wir müssen schon wieder Kapazitäten schaffen", sagt Schweitzer. "Wir werden für nächstes Jahr wieder neue Produktionsanlagen dazubekommen, damit wir die Nachfrage im Sommer stillen können."
Bis zu fünf Euro für eine Packung Eis
Der Boom ist so enorm, dass nicht nur die schwierigen Corona-Jahre längst vergessen sind - auch die hohen Energiepreise scheinen die Eiswürfelfirmen nicht zu gefährden. Dabei verschlingen die Produktion, die Lagerung und der Transport der tiefgekühlten Eiswürfel viel Energie. Auch Schweitzer musste seine Preise erhöhen: 3,49 Euro ist seine Preisempfehlung für die reguläre Zwei-Kilogramm-Packung Eiswürfel. Beim Endverbraucher an der Tankstelle kann so eine Packung aber auch mal bis zu fünf Euro kosten.
Der hohe Energieverbrauch ist aber nicht nur ein Kostenproblem. Es ist auch nicht gerade umweltfreundlich, wenn Wasser in großen Mengen tiefgefroren, in Plastiktüten gepackt und quer durch die Republik gefahren wird. "Das Eis muss ja auch beim Transport weiter gekühlt werden", sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. Das verbrauche noch einmal deutlich mehr Diesel, als man für den Transport eines schweren Gutes wie Eis auf der Straße ohnehin schon benötige. "Die Kühlung im Lkw läuft über Diesel-Aggregate", erklärt Fischer: "Das ist eine enorme zusätzliche Umweltbelastung."
Liefern lassen ist bequemer
Gastronomen nennen vor allem praktische Gründe, weshalb sie sich Eis lieber liefern lassen. "Für uns ist das viel einfacher", sagt Davide Bottazzo, Barkeeper aus Pforzheim. In der Strandbar, in der er arbeitet, würden an heißen Tagen so viele Getränke mit Eis verkauft, dass eine Eismaschine da nicht mehr hinterher käme. Die Bar besitzt eine solche Maschine deshalb erst gar nicht, verlässt sich ganz auf die Lieferungen der Eiswürfelfirma.
Dass es für manche Gastronomen bequemer ist, sich das Eis für Getränke liefern zu lassen, kann auch Thomas Fischer von der Umwelthilfe nachvollziehen. "Aber aus ökologischer Sicht ist es in der Regel nicht sinnvoll." Allerdings sollte auch die Anschaffung einer eigenen Eismaschine gut durchdacht werden. "Jedes neue Elektrogerät ist zunächst mal eine Belastung für die Umwelt", so Fischer, "durch die eingesetzten Kunststoffe, Metalle und die Energie zur Herstellung." Nur durch eine langjährige Nutzung der Maschine könne dieser "ökologische Rucksack" kompensiert werden.
Eismaschinen lassen sich mieten
Eine clevere Lösung, findet Fischer, sei "Leihen statt Kaufen". So gebe es für die teuren Eismaschinen auch Leasing-Modelle. Eine Eismaschine zu mieten, ergebe vor allem bei einmaligen Events oder in der saisonalen Gastronomie Sinn. Es schone nicht nur die Geldbeutel der Gastronomen, sondern auch die Umwelt.
Einen "Trend zur Bequemlichkeit" sieht auch Eiswürfelunternehmer Schweitzer. Seinem Unternehmen beschert dieser Trend - von Rückschlägen wie der Corona-Krise abgesehen - ein kontinuierliches Wachstum von mehr als zehn Prozent jährlich. Von den hohen Energiekosten will er sich in Zukunft zumindest etwas weniger abhängig machen. "Das nächste Kühlhaus wird Photovoltaik auf dem Dach haben", sagt er. Das schont dann auch die Umwelt - zumindest ein bisschen.