Zur Hauptreisezeit Lufthansa-Piloten vor Streik?
Auf Flugreisende kommen womöglich noch härtere Zeiten zu: Die Lufthansa-Piloten bereiten sich auf einen Streik vor. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit will dazu eine Urabstimmung starten.
Derzeit kommt es europaweit an vielen Flughäfen zu langen Warteschlangen, Verzögerungen und Flugstreichungen. Bislang ist meist Personalmangel die Ursache. Teils fehlen die Beschäftigten, teils haben die Fluglinien zu ehrgeizige Flugpläne angeboten. Airlines wie die Lufthansa haben daher Tausende Flüge gestrichen.
Nun könnte ein Streik der größten deutschen Airline für zusätzlichen Frust bei den Reisenden sorgen. Mitten in der Hauptreisezeit will die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) unter den rund 5000 Piloten der Kerngesellschaft Lufthansa und der Frachttochter Lufthansa Cargo eine Urabstimmung starten. Das geht aus einem internen Papier hervor, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Piloten wollen automatisierten Inflationsausgleich
Sollten die Piloten ihre Zustimmung erteilen, wären unbefristete Streiks möglich. Allerdings betonten beide Seiten ihre weitere Gesprächsbereitschaft. Ein Sprecher des MDAX-Konzerns erklärte, dass man weiterhin eine Lösung am Verhandlungstisch anstrebe. An dem verabredeten Verhandlungsplan halte man fest.
Grund für die Streikvorbereitungen der VC sind die nach sechs Verhandlungsrunden festgefahrenen Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Dem Schreiben zufolge hat Lufthansa bislang kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt. Die VC verlangt nach eigenen Angaben unter anderem Gehaltssteigerungen von fünf Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr. Sie hatte den laufenden Vertrag zum 30. Juni gekündigt.
Konflikt über künftige Konzernstrategie
Im Hintergrund schwelt zudem ein Konflikt über die künftige Konzernstrategie. Die VC hatte sich in der Vergangenheit die exakte Zahl von 325 Flugzeugen garantieren lassen, die ausschließlich von Kapitänen und Ersten Offizieren geflogen werden dürfen, die dem Konzerntarifvertrag unterliegen.
Die Lufthansa hatte unter dem Eindruck der Corona-Krise die entsprechende Vereinbarung aufgekündigt und begonnen, unter dem Kranich-Logo einen neuen Flugbetrieb mit niedrigeren Tarifbedingungen aufzubauen. Die neue Airline soll im Europa-Verkehr wesentliche Aufgaben der bisherigen Kerngesellschaft übernehmen.
Die Folgen des SAS-Streiks
Welche Folgen ein Pilotenstreik für die Fluggäste hat, konnte man jüngst anhand des Beispiels SAS beobachten. Rund 900 SAS-Piloten aus Dänemark, Norwegen und Schweden waren Anfang Juli in den Streik getreten. Hunderte Flüge der skandinavischen Airline mussten daher gestrichen werden, Tausende Fluggäste konnten ihre Reisen nicht antreten.
Auch für das Unternehmen hatte der Streik schwerwiegende Konsequenzen: Der Ausstand kostete die Airline nach eigenen Angaben zwischen neun und zwölf Millionen Dollar täglich. Am 5. Juli hatte SAS auch wegen der finanziellen Auswirkungen des Streiks seine Insolvenz erklärt und in den USA Gläubigerschutz beantragt.