Erfolgsserie von Netflix Spielen wie in "Squid Game"
Findige Kleinunternehmer in Südostasien machen sich den enormen Erfolg der Netflix-Serie zunutze. So können sich Cafébesucher wie im "Squid Game" fühlen - Nervenkitzel inklusive.
Konzentriert schaut Zhang Qi auf ihren Dalgona-Keks, eine koreanische Spezialität aus geschmolzenem Zucker, der mit Backpulver verrührt und dann in einer Silikon-Form ausgehärtet wird. Ihre Aufgabe ist es, mit einem Zahnstocher einen Stern aus dem harten Keks herauszustechen, ohne dass dieser dabei zerbricht.
Schon beim ersten Versuch springt eine Kante ab - Zhang Qi hat verloren. Die Konsequenzen sind allerdings nicht so dramatisch wie in der koreanischen Netflix-Erfolgsserie "Squid Game", aus der dieses Spiel stammt. Dort bedeutet der zersprungene Keks nämlich den sicheren Tod; hier, im "Brown Butter"-Café in Singapur, heißt es nur, dass Zhang Qi jetzt keinen Kaffee umsonst bekommt.
"Squid Game" - tödliche Kinderspiele
Die Streaming-Serie "Squid-Game" ist weltweit ein Überraschungserfolg. Mehr als 111 Millionen Zuschauer schauten im ersten Monat die dystopische koreanische Serie an. Das macht sie laut Streaming-Gigant Netflix zur meistgesehenen Serie auf dem Portal. Das Konzept ist einfach: Hochverschuldete Menschen nehmen freiwillig an einem Wettbewerb auf einer abgelegenen, geheimnisvollen Insel teil. Angeleitet von maskierten Aufsehern gilt es, sechs Spiele erfolgreich zu überstehen, dann winkt ein Millionen-Preis. Es gibt allerdings einen Haken an der Sache: Wer verliert, scheidet nicht einfach aus, sondern bezahlt mit seinem Leben.
Die Spiele sind allesamt bekannte koreanische Kinderspiele: Tauziehen, Murmeln schießen und eben Kekse ausstechen. Doch ein vergnügliches Abendprogramm ist "Squid Game" sicher nicht, dazu ist die Serie viel zu brutal - nicht nur durch die Prämisse des Spiels, sondern auch durch die Zeichnung einer menschenverachtenden Gesellschaft, in der Menschen verzweifelt für Reichtum bis zum Tod miteinander kämpfen.
Ganz Südostasien ist im "Squid Game"-Fieber
Auch in Indonesien und Malaysia haben Unternehmerinnen und Unternehmer die Spiele von "Squid Game" als Geschäftsidee entdeckt. Im "Strawberry Café" in Indonesiens Hauptstadt Jakarta spielen Gäste ein weiteres Spiel aus "Squid Game". Es nennt sich "Red Light, Green Light", und die Regeln sind einfach: Wer sich bewegt, wenn die Spielleiterin sich umdreht, hat verloren. Wenn der Aufseher im roten Kostüm mit einem Spiel-Maschinengewehr mit rotem Laser-Punkt auf die Schläfe der 16-jährigen Cafébesucherin Jennifer Susanto zielt, fühlt man sich schon sehr in die beklemmende Atmosphäre der Serie hineinversetzt. Jennifer hält den Atem an, um sich ja nicht zu bewegen. Erfolglos - ein Schuss fällt und Jennifer ist "tot". Sie lacht jedoch und sagt: "Es ist so aufregend. Ich kann jetzt wirklich nachempfinden, wie spannungsgeladen die Show ist."
Cafébesitzerin Putra Priyadi hat sich besondere Mühe mit der Gestaltung ihres Cafés gegeben. Ihre Spielaufseher tragen dieselben roten Anzüge mit den schwarzen Gesichtsmasken wie in der Serie. Ein lauter Knall ertönt, wenn die Spielenden mit täuschend echten Maschinengewehren "erschossen" werden. Sicherlich ist das keine entspannte Caféatmosphäre, aber für die Fans der Serie ein besonderer Spaß, für den sie gern ihr Geld ausgeben.
Mehr als 200 Gäste besuchen seit der Aktion täglich das "Strawberry Café". Ein Segen für Priyadi, denn wie überall auf der Welt hat auch sie sehr unter den Pandemie-Restriktionen ihres Landes gelitten. "Nachdem wir die Squid-Game-Aktivitäten eingeführt hatten, sind unsere Besucherzahlen sofort angestiegen", sagt sie.
Unternehmen litten stark unter Corona-Einschränkungen
Restaurants und Schönheitssalons wurden von der Corona-Pandemie mit am schwersten getroffen, mussten sie wegen der hohen Ansteckungsgefahr doch schnell und lange schließen. Da sich in Südostasien die Infektionszahlen nun wieder stabilisieren, dürfen die meisten Geschäfte öffnen - und sie versuchen, mit einfallsreichen Geschäftsideen die Verluste der vergangenen Monate auszugleichen.
Vor allem kleine Unternehmen springen gern auf den "Squid Game"-Zug auf. Ein Nagelstudio in Malaysias Hauptstadt Kulala Lumpur kurbelt seine Geschäfte ebenfalls mit Hilfe der Serie an. Lim Pei Xin designt künstliche Fingernägel zum Aufkleben, die mit typischen "Squid Game"-Motiven bemalt sind. Ihr Chef, Nagelstudiobesitzer Chin Kwan How, ist stolz auf seine Idee und betont, dass er sogar Anfragen aus dem Ausland erhalten habe.
Auch Pearlyn Tan vom "Brown Butter"- Café in Singapur hat wirtschaftlich schwere Zeiten hinter sich. Restaurants in Singapur mussten durch die Corona-Maßnahmen im vergangenen Jahr immer wieder schließen, und bis vor Kurzem war ein Restaurantbesuch nur zu zweit erlaubt. Doch jetzt stehen jeden Tag "Squid Game"-Fans vor Pearlyns Café Schlange, und das Dalgona-Spiel hat sie gerade auf unbestimmte Zeit verlängert. So kann Cafébesucherin Zhang Qi darauf hoffen, beim nächsten Mal eine einfachere Form zum Ausstechen zu bekommen.