Wegen EU-Richtlinie Versorger warnen vor teurerem Trinkwasser
Die Kosten für Trinkwasser könnten den kommunalen Wasserversorgern zufolge steigen - wegen neuer Regeln der Europäischen Union etwa zur Kontrolle von Quellen und Leitungen. Die Pläne seien "zu teuer, zu vage und zu bürokratisch".
Die kommunalen Wasserversorger haben vor steigenden Trinkwasserpreisen für Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland gewarnt. Grund dafür sei die EU-Trinkwasserrichtlinie zur Wasserqualität, die von der Bundesregierung per Verordnung umgesetzt werden soll. "Wir sehen mit der Trinkwassereinzugsgebieteverordnung erhebliche Mehraufwendungen in einem hohen dreistelligen Millionenbereich auf uns und die Verbraucher zukommen", sagte Karsten Specht, Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Mit der Verordnung in jetziger Form würden "behördliche Aufgaben auf die Wasserversorger verschoben". Die Pläne seien "zu teuer, zu vage und zu bürokratisch". In einem Brandbrief an Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) haben die betroffenen Unternehmen laut der "NOZ" ihre Bedenken zusammengefasst und "unverhältnismäßige Anforderungen und Pflichten beim Gewässerschutz" kritisiert. Diese seien "nicht oder nur mit erheblichem Aufwand zu bewältigen".
Auch Umgang mit Mikroplastik soll geregelt werden
Im Fokus der EU-Richtlinie steht die Qualität des Trinkwassers und deren Überwachung. So sieht sie die verpflichtende Einführung eines risikobasierten Ansatzes von der Quelle bis zum Wasserhahn vor. Sie enthält Bestimmungen für die Kontrolle von Leitungswasser, aber auch von Trinkwasserquellen und Leitungsnetzen, um die Gefahr schädlicher Auswirkungen der Umweltverschmutzung auf die menschliche Gesundheit und die Ressourcen einzudämmen. Zudem werden Fragen im Zusammenhang mit Schadstoffen wie Mikroplastik geregelt.
Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Zugang zu sicherem Trinkwasser für alle und besonders für gefährdete Gruppen zu verbessern. Außerdem sollen Bürger den Zugang zu Informationen über die Wasserversorger und die Qualität von Trinkwasser in ihrem Wohngebiet erhalten. Das Ziel der EU: das Vertrauen der Verbraucher in Leitungswasser stärken und somit das Abfallaufkommen durch Kunststoffwasserflaschen vermindern. Der EU-Kommission zufolge hat Europa aufgrund der Maßnahmen nun den weltweit höchsten Standard für Trinkwasser.
Deutschland bereits im Verzug
Die Kommission hatte den Vorschlag 2018 als Reaktion auf die Bürgerinitiative Right2Water präsentiert. 1,6 Millionen Menschen hatten damals die Initiative für einen besseren Zugang zu sauberem Trinkwasser mit ihrer Unterschrift unterstützt. Im Dezember 2020 hatten das Europäische Parlament und der Rat die neuen Regeln schließlich endgültig angenommen.
Die Ampel-Koalition plant angesichts der Richtlinie für die Einzugsgebiete der Trinkwassergewinnung eine entsprechende neue Verordnung. Damit ist die Regierung jedoch bereits in Verzug, weshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland läuft. Bis Mitte Januar hätten die EU-Staaten die Richtlinie umsetzen müssen. Das Bundesumweltministerium hat Anfang April einen Referentenentwurf über über Einzugsgebiete von Entnahmestellen für die Trinkwassergewinnung vorgelegt.
VKU fordert "deutliche Nachbesserungen"
Für die Versorger bedeutet dieser Verordnungsentwurf nach eigenen Angaben teure Bürokratie durch zusätzliche Datenerhebungen sowie Kontroll- und Berichtspflichten. "Widersprüchliche Anforderungen und faktisch nicht durchführbare Aufgaben bereiten uns große Sorgen", sagte VKU-Vizepräsident Specht. Er forderte daher trotz des Zeitdrucks "deutliche Nachbesserungen".
Die kommunalen Wasserversorger lehnten demnach den vorliegenden Verordnungsentwurf "weitestgehend ab". Noch ist das Papier aus dem Umweltministerium nicht innerhalb der Regierung abgestimmt, Änderungen sind noch möglich. Die VKU-Mitglieder versorgen etwa 90 Prozent der Einwohner Deutschlands mit Trinkwasser.