Produktion in Europa EU billigt Milliardenförderung für Chip-Branche
Das EU-Parlament hat dem Chips Act zugestimmt. 43 Milliarden Euro sollen damit mobilisiert werden, um die heimische Mikrochip-Produktion zu fördern - und um unabhängiger von anderen Märkten zu werden.
Industriekommissar Thierry Breton ist sichtlich zufrieden und die Abgeordneten sind es auch: Europa will verloren gegangenes Terrain zurückerobern und sich bei der Herstellung von Halbleitern, die für die Industrie der Zukunft so wichtig sind, besser aufstellen.
Smartphones, Autos, Wärmepumpen, Haushalts- und Medizingeräte laufen mit hoch entwickelten Chips - und die sollen künftig nicht mehr fast ausschließlich aus den USA, Südkorea und Taiwan kommen. Das EU-Parlament hat einem entsprechenden Gesetz mit großer Mehrheit zugestimmt.
Wir investieren in die Zukunft, verspricht Breton: "Man könnte deshalb sagen, dass wir mit dem Chips Act dazu beitragen, Europa im Bereich Halbleiter zu reindustrialisieren, entlang der gesamten Wertschöpfungskette."
Ziel: 20 Prozent Weltmarktanteil
Damit verfolge man zwei Absichten: Man will 20 Prozent Weltmarktanteil erreichen - derzeit sind es neun Prozent. Und in Europa die bestentwickelten Halbleiter herstellen. "Denn hier wird über die geopolitische und industrielle Stärke von morgen entschieden."
Nach Bretons Worten zeigt das Gesetz, der sogenannte Chips Act, schon jetzt Wirkung. Seitdem die EU das Vorhaben auf den Weg gebracht hat, seien mehr als 100 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen in diesem Bereich angekündigt worden.
In 15 Mitgliedsstaaten seien 68 konkrete und strategisch wichtige Förderprojekte gemeldet im Umfang von 22 Milliarden Euro.
Europa muss sich behaupten
"Angesichts der neuen geopolitischen Lage ist es unerlässlich, dass sich Europa als industrielle und technologische Macht behauptet", fügt Breton hinzu. Mit Blick auf die Halbleiterherstellung sei das eine Frage des Wettbewerbs. "Aber es geht auch um Sicherheit und technologische Souveränität."
Die EU will mit dem Gesetz Genehmigungsverfahren für den Bau von Chipfabriken vereinfachen und staatliche Beihilfen erleichtern. Das soll mehr Hersteller nach Europa holen und geht auch ausländische Unternehmen an, die in Deutschland produzieren wollen: Intel in Magdeburg, Wolfspeed im Saarland, Infineon und TSMC in Dresden.
Versorgung sichern
Ein Notfallmechanismus samt Frühwarnsystem soll greifen, wenn die Versorgung wieder knapp wird wie während der Corona-Pandemie. Dann kann die Kommission Firmen anweisen, bestimmte Halbleiter herzustellen oder diese im Namen der Mitgliedsstaaten zentral einkaufen.
Insgesamt will die EU laut Kommission 43 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen ankurbeln. Den Großteil sollen die Mitgliedsstaaten aufbringen. Aus dem EU-Haushalt kommt vergleichsweise wenig.
Förderung auch für kleinere Unternehmen
"Wir fordern jetzt den EU-Halbleitersektor auf, mit rund 3,3 Milliarden Euro nach vorne zu gehen, leider nicht mit frischem Geld", betont die Grünen-Abgeordnete Henrike Hahn. "Wir brauchen via Eigenmittel zukünftig ein klares Bekenntnis im Rat, den Unternehmen in Europa besser zur Seite zu stehen."
Hahn begrüßt, dass künftig nicht nur Megaprojekte gefördert werden sollen, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen und Startups.
"Die Zeiten, als Europa nur in Forschung investierte und die Fertigung auslagerte, sind vorbei", unterstreicht Industriekommissar Breton. "Das sage ich ganz klar. Der Chip Act erlaubt massive Investitionen für eine wettbewerbsfähige europäische Industrie entlang der gesamten Herstellung von Halbleitern."
Weiterentwicklung nötig
Mehr Halbleiter in Europa produzieren ist auch dem Sozialdemokraten Tiemo Wölken wichtig. Ihm geht es aber auch darum, die Entwicklung der Produkte voranzubringen. Er freue sich sehr, dass eine Regelung gefunden wurde, die es ermögliche, Chips der Zukunft in Europa zu designen. "Wir werden damit unabhängiger von Lieferketten und wir kommen weg von der reinen Werkbank hin zur Technologieführerschaft."
Aus Wölkens Sicht ist das Gesetz ein guter Aufschlag für die dringend nötige Aufholjagd. Sobald die Mitgliedsstaaten grünes Licht gegeben haben, kann der Chips Act in Kraft treten.