Habeck in Schweden Warmlaufen für den Subventionswettlauf?
Wirtschaftsminister Habeck berät in Schweden vor allem über die EU-Reaktion auf den "Inflation Reduction Act": Die US-Regierung steckt damit Milliarden in den Klimaschutz - könnte aber auch Investitionen aus Europa abziehen.
Das Unternehmen Northvolt könnte zum Beispiel werden für einen Subventionswettlauf zwischen Europa und den USA. Der schwedische Hersteller von Batterien für Elektroautos hatte bereits vor einem dreiviertel Jahr angekündigt, im schleswig-holsteinischen Heide ein großes Werk zu errichten - mit immerhin 3000 Arbeitsplätzen. Aber das Projekt liegt auf Eis. Denn in den USA locken inzwischen erhebliche Subventionen, falls Northvolt dort investieren würde. Und nun verweisen die Schweden darauf, dass in Heide die "Rahmenbedingungen stimmen müssten".
Europa sucht nach einer Antwort
Wirtschaftsminister Robert Habeck sagt dazu kurz vor seinem Abflug nach Stockholm, es sei zutreffend, dass der "Inflation Reduction Act" (IRA) der US-Regierung die Investitionsentscheidung noch mal geöffnet habe. "Wir haben allerdings intensive Kontakte mit Northvolt. Ich bin mit dem CEO im regelmäßigen Austausch, erkläre die Vorteile des Standortes Heide."
Bei Habecks zweitägigem Schweden-Besuch geht es nicht nur um Northvolt. Schweden hat im Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Europa ringt gerade um eine Antwort auf den "Inflation Reduction Act" der Amerikaner, mit dem die USA insgesamt 370 Milliarden Dollar bereitstellen - unter anderem, um klimafreundliche Zukunftstechnologien zu unterstützen und auch anzulocken. Eine Art "America first" mit Klimakomponente.
Habeck begrüßt EU-Pläne von der Leyens
Gerade erst hat die EU-Kommission Vorschläge unterbreitet, wie die europäische Reaktion aussehen könnte. So sollen Regeln für Staatshilfen an Unternehmen gelockert werden: weniger Restriktionen, mehr Geld, schnellere Genehmigungen. Aus diversen Milliardentöpfen wie dem Coronahilfsfonds könnten Mittel fließen, damit in Europa ebenfalls verstärkt in grüne Industrien investiert wird. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ihre Vorschläge gestern in Brüssel präsentiert. Der grüne Wirtschaftsminister Habeck ist - ebenso wie Kanzler Olaf Scholz von der SPD - im Grundsatz sehr dafür:
Ich finde das insgesamt ambitioniert und gut, und es hat meine volle Unterstützung. Wir müssen schneller werden in den Verfahren. Wir müssen die Möglichkeit haben, dass wir auch in der Masse fördern können, um Solaranlagen, um Elektrolyseure, um erneuerbare Energien in Europa in jeder Form zu produzieren.
Er werbe in Schweden dafür, dass die Ratspräsidentschaft diesen Weg unterstützt, so Habeck. "Wir müssen das Pragmatische tun." Auch Steuervergünstigungen für Investitionen könnten eine starke Antwort sein.
Noch keine Einigkeit unter den EU-Staaten
Aber in der EU ist noch manches zu klären. Kleinere Staaten wie Irland, Österreich oder Finnland fürchten bei einer Lockerung der Beihilferegelungen, dass sie finanziell nicht mithalten könnten mit Deutschland oder Frankreich. So drohten sich die Länder untereinander auszustechen.
Die schwedische Wirtschaftsministerin Ebba Busch betonte nach einem Gespräch mit Habeck, dass sie durch die Ratspräsidentschaft bemüht sein müsse, alle Länder der EU zu berücksichtigen. Die Tonlage der schwedischen Christdemokraten ist durchaus anders als die von Habeck. Der gemeinsame Markt sei vor 30 Jahren entwickelt worden, um den Wettbewerb zu stärke. Dies sei auch eine der Prioritäten der schwedischen Ratspräsidentschaft, das Land ist traditionell stark freihandelsorientiert.
Die USA würden mit dem IRA zwar die gleichen Wettbewerbsvoraussetzungen aufs Spiel setzen, so Busch. "Aber der beste Weg, um darauf zu reagieren, ist kein Handelskrieg mit den USA und auch kein Subventionswettlauf, wo jedes Mitgliedsland für sich handelt." Die zentrale Idee der EU sei, eine gemeinsame und kluge Antwort zu geben. Wie diese aussehen könnte, lässt die schwedische Wirtschaftsministerin aber offen. Es gebe nun einen Diskussionsprozess auf Grundlage der Vorschläge der EU-Kommission.
Wirtschaftskrieg soll vermieden werden
So dient Habecks Besuch in Schweden vor allem der Abstimmung. Am Montag reist der Wirtschaftsminister nach Washington. Dort will er am Dienstag gemeinsam mit dem französischen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire darlegen, wie eine europäische Reaktion auf den IRA aussehen könnte. Und man will ausloten, wie ein Wirtschaftskrieg mit den USA vermieden werden kann - in einer Zeit, in der es auch eine möglichst gemeinsame Strategie gegenüber China braucht. Ende der kommenden Woche befasst sich dann auch der EU-Gipfel mit der Antwort auf den IRA.
In Schweden wird Habeck morgen noch die Forschungseinrichtung von Northvolt westlich von Stockholm besuchen, um auszuloten, wie gut die Chancen für das Werk in Heide noch stehen -angesichts des drohenden Subventionswettlaufs. "Ich glaube, dass Northvolt immer noch offen ist für diesen Standort", so Habeck. Die Entscheidung werde im ersten Quartal fallen. Daher wolle er beim Besuch noch mal darüber reden, wie geeignet der Standort Heide sei. Aber er werde auch darüber sprechen, "was Deutschland zu leisten bereit ist, um diesen Standort möglich zu machen."