Seifenladen von Mohammed Salehi in Teheran
Reportage

Wirtschaft im Iran Mit traditioneller Seife durch die Krise

Stand: 10.10.2021 09:36 Uhr

Ein kleiner Laden in Teheran mit Seifen aus eigener Produktion stemmt sich erfolgreich gegen die Wirtschaftskrise im Iran. Tradition steht hier im Vordergrund, auch wenn das Internet neue Möglichkeiten eröffnet.

Wer in Teheran auf der Suche nach Seife ist, wird fündig im Viertel Molavi im Süden der Großstadt: Im kleinen Laden von Mohammad Salehi stapelt sich die Auslage bis an die Decke und strahlt in bunten Farben.

Stammkunden seit vielen Jahren treu

Besonders auffällig ist die gelbe Seife, geschnitten in etwa butterstückgroße Rechtecke. "Die ist mit Kurkuma und einfach wunderbar für das Gesicht", schwärmt eine Kundin, für die Mohammad Salehi gerade ein Exemplar einpackt. "Sie wirkt auch gut gegen Pickel. Meine Tochter benutzt nur noch die."

Es sind vor allem Stammkunden, die zum Teil seit Jahrzehnten in Salehis Laden einkaufen und auf seine bewährten Rezepturen setzen. Der 70-Jährige ist stolz darauf. "Mein Vater hat mir immer gesagt: Produziere gute Ware, dann brauchst du keine Werbung. Die Kunden werden ihren Freunden berichten, wie gut deine Seifen sind, und es wird sich rumsprechen. Daran habe ich mich bis heute gehalten."

Seit Jahrzehnten bewährte Rezepte

Der Vater arbeitete bereits in den 1930er-Jahren als Seifenmacher. Von ihm hat Mohammad Salehi das Handwerk einst als Jugendlicher gelernt. Er hält sich bis heute an dessen traditionelle Rezepturen.

Damit ist er in Teheran einer der letzten seiner Zunft, denn der Job ist mühsam und reich wird man als Seifenmacher nicht. Doch derzeit sorgen die Seifen vor allem für ein stabiles Einkommen, im Iran ist das nicht selbstverständlich. Denn eine hohe Inflation, eine seit Jahren schwache Währung und eine hohe Arbeitslosigkeit sorgen für eine zunehmende Verarmung der iranischen Gesellschaft. Die Corona-Pandemie hat das weiter verstärkt.

Den kleinen Seifenladen von Mohammad Salehi hat das als einen der wenigen nur geringfügig tangiert. Natürlich spürt auch er, dass die Menschen kaum noch Geld haben. Aber für Seife gibt man während einer globalen Pandemie eben eher mal welches aus. Zumal es am Ende doch recht wenig ist: Seine Seifenstücke sind billiger als herkömmliche Flüssigseife aus dem Supermarkt.

Seifenladen von Mohammed Salehi in Teheran

Die im Laden verkauften Seifen sind günstiger als Flüssigseife aus dem Supermarkt.

Seife mit Kaffee, Kräutern oder Olivenöl

Über die Jahrzehnte hat Salehi einige neue Produkte entwickelt, zum Beispiel eine Seife mit Kaffee. Ein Kunde hatte sie speziell für sich in Auftrag gegeben, doch dann stellte sich heraus: Die ungewöhnlich duftende Seife kommt auch bei anderen Kunden gut an. Seitdem produziert Salehi sie regelmäßig.

Doch besonders beliebt sind klassische Kräuterseifen oder die mit Olivenöl. "Die ist besonders gut gegen trockenen Fußsohlen und viel ergiebiger als die Seifen aus dem Supermarkt", erzählt eine Kundin mit einem schwarz-weiß gemusterten Kopftuch. Nachhaltiger sind sie tatsächlich: Denn die Seifen kommen ohne Verpackung aus, die Kunden bekommen sie stück-, oft auch kiloweise in ein dünnes Plastiktütchen gepackt, wie beim Gemüsekauf.

Werkstatt am Rande der Wüste

Die Herstellung erfolgt in der hauseigenen Werkstatt, rund 50 Kilometer südlich von Teheran. An mehreren Tagen in der Woche fährt Mohammad Salehi in das abgelegene Industriegebiet und packt trotz seines fortgeschrittenen Alters noch selbst mit an. "Hier ist es in Sommer sehr heiß und im Winter furchtbar kalt, weil es am Rande der Wüste ist. Gut für meine Gesundheit ist es sicher nicht, aber was soll ich machen?", fragt er schulterzuckend. Eine Werkstatt näher an der Stadt wäre zu teuer.

Mohammad Salehi läuft in die große Halle. Dort blubbert in großen Kupferkesseln die Seifenlauge vor sich hin. Der Meister kippt Öl aus großen Behältern dazu und rührt mit einer Metallschaufel im Sud herum. Nebenan füllt einer seiner zwei Angestellten die fertige Masse in kleine rote Plastikschälchen. Sobald die Seife hart ist, wird die Masse entnommen, zum Trocknen in die Sonne gestellt und anschließend in große Kisten gepackt für den Transport.

Mohammad Salehi produziert mit seinem Sohn Farhad Seife

Mohammad Salehi produziert mit seinem Sohn Farhad die Seifen überwiegend noch nach jahrzehntealten Rezepturen.

Sohn führt Handwerk und Betrieb fort

Fragt man Salehi, ob er zufrieden ist, nickt er. Er ist ein bescheidener Mensch. Froh macht ihn, dass sein Handwerk vorerst nicht ausstirbt. Denn sein Sohn Farhad arbeitet im Betrieb mit und wird diesen wohl übernehmen. Zwar kann er noch nicht alle Seifen alleine herstellen, einiges ist weiterhin Chefsache. Aber er arbeitet bereits daran, den Verkauf anzukurbeln. "Besonders seit der Pandemie kaufen viele Menschen überwiegend online ein", erklärt Farhad. "Seit ich letztes Jahr im Netz aktiv geworden bin, hat es eine positive Wirkung auf unseren Verkauf gehabt, und auch viele junge Leute sind auf unsere traditionellen Seifen aufmerksam geworden."

Die Verkaufs- und Werbeplattform im Iran ist Instagram, dem in der Islamischen Republik eine große wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Etwa 30 Millionen Menschen im Land sollen es regelmäßig nutzen. Verkauft wird darüber quasi alles: Von Lebensmitteln über Handtaschen bis hin zu Kosmetik ist alles dabei. Und seit kurzem auch die Seife der Familie Salehi.

Trotz des modernen Umsatzmarktes mögen es die Kunden traditionell, erzählt Farhad. "Wir haben eine Zeit lang die Formen und den Duft unserer Seifen verändert, aber die Käufer waren damit nicht zufrieden und wollten die alten, traditionellen Versionen zurück. Also müssen wir uns auf die gute Qualität konzentrieren, die wir schon vor 50 Jahren hatten."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 18. Juni 2021 um 21:00 Uhr.