Vorwurf der Sklavenarbeit VW lehnt Einigung in Brasilien ab
Volkswagen hat eine Einigung wegen mutmaßlicher Sklavenarbeit auf einer werkseigenen Rinderfarm in Brasilien abgelehnt. Eine Tochterfirma soll dort hunderte Arbeiter ausgebeutet haben. Nun will die Staatsanwaltschaft klagen.
Die Vorwürfe gegen Volkswagen wiegen schwer: Auf einer werkseigenen Rinderfarm am Amazonas soll eine brasilianische Tochterfirma des deutschen Autobauers Volkswagen während der Militärdiktatur hunderte Menschen unter sklavenartigen Zuständen eingesperrt haben.
Es habe ein System der Gewalt gegeben, sagt der ehemalige Arbeiter José Perreira: "Wenn jemand versuchte zu fliehen, sind die Aufpasser hinter ihnen her und haben sie verprügelt oder angeschossen."
Menschenhandel, Folter und Mord sind die Vorwürfe
Die brasilianische Justiz spricht von Menschenrechtsverletzungen in hunderten Fällen, es geht um Menschenhandel, Sklavenarbeit, Folter und Mord, die sich auf der Farm in den 1970er- und 1980er-Jahren ereignet haben sollen.
Die Verbrechen sollen von Arbeitsvermittlern verübt worden sein, bei denen Volkswagen die Rodungsarbeiten in Auftrag gegeben hatte, und ihren bewaffneten Aufpassern. Der Autokonzern hatte die Farm gegründet, weil er damals ins Fleischgeschäft einsteigen wollte.
Staatsanswalt sieht erdrückende Beweislast
Die Staatsanwaltschaft forderte den Autobauer bereits vor einem Jahr zu Entschädigungszahlungen auf. Doch nach mehreren Anhörungen gab es gestern nun die definitive Absage: Volkswagen do Brasil lehnt eine Einigung ab, wie das Unternehmen auf Anfrage der ARD schriftlich mitteilte:
Volkswagen do Brasil weist alle in den Akten der vorliegenden Untersuchung erhobenen Behauptungen über die Fazenda Vale do Rio Cristalino zurück und stimmt den einseitigen Tatsachenbehauptungen Dritter nicht zu.
Und das, obwohl die Staatsanwaltschaft von einer erdrückenden Beweislast spricht. Rafael Garcia, zuständiger Jurist der Behörde in Rio de Janeiro, zeigte sich enttäuscht: "Wir gingen davon aus, dass Volkswagen in Übereinstimmung mit den Werten handelt, die es behauptet zu haben. Dazu gehört auch die historische Wiedergutmachung der Menschenrechtsverletzungen, die unter ihrer Verantwortung begangenen wurden."
Mutterkonzern schweigt
Der Mutterkonzern in Wolfsburg hat sich bislang noch nicht inhaltlich zu den Vorwürfen geäußert. Volkswagen erklärte aber, die Vorwürfe ernst zu nehmen.
Indes hatte schon vor fünf Jahren der Historiker Christopher Kopper im Auftrag von VW die Vorwürfe aufgearbeitet und umfänglich bestätigt: "Vielleicht ist es eine gewisse Scham und Ratlosigkeit, wie man damit umgeht", so Kopper. Schon 2017 habe er den Komplex der Farm in seinen Studien behandelt. "Und Volkswagen darauf hingewiesen, dass damals auch VW Fremdarbeitskräfte eingesetzt hatte, die von Sklavenantreibern an VW vermittelt wurden."
Eine Reaktion auf die eigens beantragte Studie blieb aus. Das ließ Platz für Ermittlungen - weswegen die Staatsanwaltschaft nun vor Gericht ziehen will. In Brasilien und wenn notwendig auch in Deutschland.