Neue Medizinstudie Klimawandel macht Menschen krank
Extreme Hitze oder tropische Infektionskrankheiten auch in vormals gemäßigten Regionen: Der Klimawandel hat Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen. Forscher warnen, Nichtstun koste Menschenleben.
Selbst wenn der Anstieg der globale Durchschnittstemperatur bei knapp unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bliebe, würde die Zahl der globalen Hitzetoten bis zur Mitte des Jahrhunderts um 370 Prozent steigen. Das ist ein Ergebnis der neuen Studie "Lancet Countdown on health and climate change", die 114 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlicht haben.
Immer mehr Hitzetote
Demnach sind die Menschen weltweit an doppelt so vielen Tagen extremer Hitze ausgesetzt wie im Zeitraum 1986 bis 2005. Lebensbedrohlich ist dies insbesondere für Kleinkinder und ältere Menschen. Die Zahl der hitzebedingten Tode von Personen, die älter als 65 Jahre waren, stieg zuletzt im Vergleich zum Zeitraum 1991 bis 2000 um 85 Prozent. Marina Romanello vom University College London kommt zu dem Schluss: "Nichtstun wird uns teuer zu stehen kommen. Wir können es uns nicht leisten, so untätig zu sein - der Preis dafür sind Menschenleben."
CO2-Ausstoß noch immer zu groß
Die zunehmende Hitze sorgt auch dafür, dass Arbeiten oder Sport im Freien immer risikoreicher werden. Außerdem steigen die Gefahr durch Waldbrände und die Ausbreitung tropischer Infektionskrankheiten. Zwar erkennen die Forscher an, dass die Nutzung erneuerbarer Energien zunimmt und weitere Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Doch noch immer würden pro Sekunde 1.337 Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen, sagt die Biochemikerin Romanello. "Wir reduzieren die Emissionen nicht annähernd schnell genug, um die Klimagefahren auf dem Niveau zu halten, das unsere Gesundheitssysteme bewältigen können."
In Deutschland waren die Menschen im Zeitraum 2013 bis 2022 durchschnittlich 7,9 Tagen pro Jahr potenziell lebensbedrohlicher Hitze ausgesetzt. Das ist zwar deutlich weniger als die 86 Tage im weltweiten Durchschnitt, doch waren hierzulande die durchschnittlichen Sommertemperaturen in den Jahren 2018 bis 2022 um 1,8 Grad Celsius höher als im Zeitraum 1986 bis 2005.
Immer mehr Arbeitsausfall
Die hohen Temperaturen führten in Deutschland dazu, dass 2022 rund 34 Millionen Arbeitsstunden hitzebedingt ausfielen - vor allem auf dem Bau. Das ist dem Bericht zufolge ein Anstieg um zwölf Prozent gegenüber dem Zeitraum 1991 bis 2000. Zwar wurden 2020 in Deutschland 31 Prozent der Elektrizität aus erneuerbaren Energien gewonnen, doch waren es in allen Energiebereichen zusammengenommen - Heizen, Verkehr und andere - nur sechs Prozent.
In einer speziellen Auswertung der Studie für Deutschland heißt es: "Der geringe Einsatz sauberer erneuerbarer Energien und die fortgesetzte Nutzung fossiler Brennstoffe und Biomasse führen zu einer hohen Luftverschmutzung, was das Risiko von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenkrebs, Diabetes, neurologischen Störungen und ungünstigen Schwangerschaftsausgängen erhöht und eine hohe Krankheits- und Sterblichkeitsbelastung nach sich zieht."
Todesfälle in Verbindung mit Ernährung
Ein weiterer Teil des Berichts widmet sich dem Zusammenhang zwischen Ernährung, Klimawandel und Gesundheit. So ermittelten die Wissenschaftler, dass weltweit die Haltung von Nutztieren für 57 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft verantwortlich ist. Nicht nur stoßen vor allem Rinder große Mengen Methan aus, sondern der Futteranbau verbraucht große Teile der Agrarflächen.
Zudem wurden im Jahr 2020 global 1,9 Millionen Todesfälle mit übermäßigem Verzehr von rotem Fleisch, verarbeitetem Fleisch und Milchprodukten in Verbindung gebracht, in Deutschland waren es über 87.000 Todesfälle. Die Forscher plädieren deshalb für eine pflanzenbasierte und fleischarme Ernährung.
Doch die Wissenschaftler haben auch Positives zu berichten. So sind die weltweiten Todesfälle, die auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind, seit 2005 um 15,7 Prozent gesunken. Zudem wurden 2022 rund 1.500 Milliarden Euro in saubere Energien investiert, 61 Prozent mehr als in fossile Energien.