Vorhersage von Naturkatastrophen KI für schnellere Hochwasser-Warnungen
Frühe Warnungen vor Überschwemmungen können entscheidend sein, um die Folgen einzudämmen. Die Google-Forschungsabteilung hat ein KI-Modell entwickelt, das Hochwasser an Flüssen vorhersagen soll.
Überschwemmungen von Flüssen können katastrophale Folgen für die Bevölkerung, öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser und die Industrie haben. Eine schnelle Warnung ist entscheidend, doch gerade in Entwicklungsländern fehlt oft eine ausreichende Abdeckung mit Messstation, die Daten für Vorhersagen liefern.
Vorhersage von Hochwasser auf Basis öffentlicher Daten
Die Forschungsabteilung von Google hat nun ein frei verfügbares Warnsystem entwickelt, das auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiert, und im wissenschaftlichen Journal Nature vorgestellt. Das Besondere daran: Das KI-Modell benötigt keine Daten von Messstationen, sondern nutzt öffentlich zugängliche Wetterdaten.
Christian Kuhlicke, Leiter der Arbeitsgruppe Umweltrisiken und Extremereignisse am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, sieht großes Potenzial in dem neuen Vorhersagemodell: "Jedes Warnsystem, kann man wohl sagen, ist in den meisten Regionen besser als kein existierendes Warnsystem. Gerade in den ärmeren Teilen der Welt, die keine guten Warnsysteme haben, ist das ein absoluter Gamechanger." Die bisherigen Modelle nutzen Daten von Pegeln, die erst dann messen, wenn Wasser durch sie fließt. Bei großen Einzugsgebieten wie der Donau oder der Elbe könne das laut Kuhlicke in ausreichender Zeit Daten liefern.
Doch gerade in vielen kleinen Einzugsgebieten, die schnell auf Hochwasserereignisse reagieren, könnte in Zukunft deutlich früher gewarnt werden, wenn sich das neue System bewährt, schätzt der Forscher.
KI-Modell soll schneller warnen als bisheriger Standard
Der veröffentlichten Studie zufolge kann das Warnsystem bereits fünf Tage vor dem Einritt eines Hochwasserereignisses recht zuverlässige Vorhersagen machen.
Dabei ist es ähnlich genau wie das Global Flood Awareness System, das die Europäischen Kommission zur weltweiten Vorhersage von Überschwemmungen auf der ganzen Welt nutzt. Dieses System kann jedoch frühestens wenige Stunden vor dem Eintreten der Überschwemmung warnen.
Das KI-Modell ist traditionellen Systemen gegenüber auch deshalb im Vorteil, weil diese sehr viel Expertise, Rechenkapazität und Personal benötigen, um sinnvoll genutzt werden zu können. Andererseits haben KI-Modelle aber den Nachteil, dass nur sehr eingeschränkt nachvollziehbar ist, wie ihre Vorhersagen zustande kommen.
Nicht nur KI macht das neue System attraktiv
Umweltforscher Kuhlicke hält das neue Warnsystem nicht nur wegen der Nutzung von KI für einen Gamechanger. Hinzu komme, dass Frühwarnungen bisher vor allem in der Hand von staatlichen Institutionen liegen. In Deutschland ist der Katastrophenschutz Ländersache.
Das Warnsystem eines Großunternehmens wie Google hat nach Kuhlicke zwei entscheidende Vorteile. Zum einen könne es sehr viel großskaliger Vorhersagen treffen, zum anderen könnten die Warnbotschaften als Push-Nachrichten auf dem Smartphone mehr Menschen erreichen. "Das heißt", sagt Kuhlicke, dass man "sich sehr viel früher darüber Gedanken machen kann, ob man evakuiert oder nicht evakuiert."
Private Warnbotschaften schaffen eine neue Situation
Die Forschenden von Google haben das Modell bereits in ein Frühwarnsystem integriert, das öffentlich zugängliche Vorhersagen für über 80 Länder liefert. Noch steht der Test aus, ob dieses KI-basierte Frühwarnsystem verlässlich ist und sich auch in der Praxis durchsetzt.
Wenn sich das KI-Modell bewährt, kann es besonders in Entwicklungsländern deutlich mehr Menschen deutlich früher warnen. Dort mangelt es oft an den finanziellen Mitteln, um solche Vorhersagen zu erstellen.
Kuhlicke erwartet, dass die privat generierten Warnbotschaften in einem Spannungsverhältnis zu den bisher verfügbaren staatlichen Warnungen stehen werden. Wie genau sich die Situation entwickeln wird, bleibe abzuwarten.