Quagga-Muscheln wachsen auf dem Boden in einer technischen Anlage der Bodenseewasserversorgung. (Archivbild: 28.11.2019)

Problem für heimische Arten Quagga-Muschel erobert deutsche Gewässer

Stand: 02.12.2021 10:25 Uhr

Einst war sie am Schwarzen Meer heimisch. Nun erobert die Quagga-Muschel die deutschen Gewässer vom Bodensee bis in den Norden. Für die heimischen Muscheln kann das zum Problem werden.

Die invasive Quagga-Muschel hat sich in vergangenen Jahren in Deutschland stark ausgebreitet. Ursprünglich stammt das zur Familie der Dreikantmuscheln gehörende Weichtier aus dem Mündungsgebiet des Schwarzen Meers und wurde vermutlich mit dem Schiffsverkehr eingeschleppt.

Inzwischen ist die Quagga-Muschel nach Angaben des Umweltbundesamtes vom Bodensee bis in den Norden in fast allen deutschen Gewässern zu finden. "Die Muscheln kommen überall da vor, wo es Schifffahrt gibt", erklärt Franz Schöll von der Bundesanstalt für Gewässerkunde.

Problem für heimische Muscheln

Für die heimischen Muscheln können Dreikantmuscheln aber zum Problem werden. Zum Teil verdrängt sie sogar ihre Verwandte, die Zebramuschel (Dreissena polymorpha), die ebenfalls zu den Dreikantmuscheln gehört. Diese war ursprünglich in Mitteleuropa heimisch und wurde in der letzten Eiszeit zurückgedrängt, breitet sich seit einigen Jahrzehnten aber über den Schiffsverkehr wieder aus.

"Generell scheint die Quagga-Muschel konkurrenzstärker zu sein, da ihr Auftreten meist mit einem Rückgang der Zebramuschel verbunden ist", sagt Andreas Dobler von der Koordinationsstelle für Muschelschutz der Technischen Universität München. Ein Beispiel dafür sei der Main-Donau-Kanal, in dem sie seit 2008 als die häufigste Muschelart gelte, was bis dahin die Zebramuschel war.

Die Ausbreitung der Dreikantmuscheln ist nach Angaben von Dobler kaum aufzuhalten, da sich die Larven an harte Oberflächen anheften könnten. Es reiche schon ein Sportboot, das von einem Gewässer zum nächsten geschleppt werde, um die Muschel einzuschleppen.

Wasserspiegel wird künstlich abgesenkt

Auch am Rothsee südlich von Nürnberg zeigt sich das Phänomen. Die Quagga-Muscheln breiten sich am Seeboden bereits so stark aus, dass anderen Muscheln der Lebensraum genommen wird, sagt Manuel Philipp vom Wasserwirtschaftsamt Nürnberg.

Deshalb ist das Amt aktiv geworden. Es senkt jedes Jahr den Wasserspiegel des Sees über mehrere Wochen auf sechs Meter ab. Die invasiven Muscheln kommen so an die Luft und sterben ab. Freiwillige sammeln seit Wochen Tausende heimische Muscheln ein, um sie weiter tiefer im See ins rettende Wasser zu bringen. Bei den winterlichen Temperaturen würden sie sonst absterben.

Ausbreitung auch am Bodensee

Seit 2016 breitet sich die Quagga-Muschel auch im Bodensee aus - und zwar rasant. Drei Jahre nach dem ersten Fund hatte diese bereits den gesamten Bodensee erobert, wie Dominic Hahn vom BUND Baden-Württemberg sagt.

Er betrachtet die Ausbreitung der Dreikantmuscheln zum Teil mit Sorge. Diese könnten den stark gefährdeten heimischen Großmuscheln die Nahrung streitig machen. Außerdem könnten die Larven in die Systeme der Wasserversorgung eindringen, Pumpen blockieren und ernste technische Probleme verursachen.

Doch es gibt auch positive Effekte: "Am Bodensee hat die Zahl der überwinternden Wasservögel zugenommen", erklärt Hahn. Besonders Reiherente, Tafelente und Blesshuhn bedienten sich gerne an den Muschelbänken.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Nova am 07. April 2021 um 10:11 Uhr.