Dunkle Haut und Glatze Ötzi sah ganz anders aus
Gletschermann Ötzi hatte eine dunklere Haut als bisher angenommen und höchstwahrscheinlich eine Glatze. Dank verbesserter Genomanalyse fanden Forscher außerdem heraus: Ötzis Vorfahren stammen aus Anatolien.
Um 3250 vor Christus lebte Ötzi in den Alpen. 1991 nach Christus fanden Touristen seine Leiche. Seitdem ist die Mumie Forschungsobjekt. 2012 wurde Ötzis Erbgut, also sein Genom, entschlüsselt. Seitdem haben sich die Analyse-Methoden so sehr verbessert, dass Forscherinnen und Forscher inzwischen viel genauer sagen können, wie er aussah, welche Krankheiten er hätte bekommen können und woher seine Vorfahren stammten.
Anatolische Bauern brachten Landwirtschaft nach Europa
So zeigt eine neue Studie, die ein Forschungsteam aus Deutschland, Italien und Österreich im Fachblatt "Cell Genomics" veröffentlicht hat, dass das Genom von Ötzi zu mehr als 91 Prozent von Zuwanderern aus Anatolien stammt. Sie brachten vor 8000 bis 9000 Jahren die Landwirtschaft aus dem Nahen Osten nach Europa. Die übrigen knapp neun Prozent des Ötzi-Erbgutes stammen von europäischen Jägern und Sammlern.
Bei der Genom-Analyse 2012 waren noch Genspuren von Angehörigen osteuropäischer Steppenvölker gefunden worden. Bei der neuen Untersuchung war dieses Erbgut nicht mehr zu finden. Das Forschungsteam vermutet, dass die damalige Probe mit moderner DNA verunreinigt war.
Gene zeigen Veranlagung zur Glatzenbilding
Neue Ergebnisse gab es auch zum Aussehen. Als reifer Mann hatte Ötzi demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr langes, dichtes Haupthaar, sondern höchstens noch einen schütteren Haarkranz. Seine Gene zeigten eine Veranlagung zur Glatzenbildung, was auch erklären könnte, "warum bei der Mumie fast keine Haare gefunden wurden", erklärt Mitautor Albert Zink vom Institut für Mumienforschung bei Eurac Research in Bozen in Südtirol.
Zudem gingen die Forscher bislang davon aus, dass die Haut der Mumie während der Lagerung im Eis nachgedunkelt ist. Vermutlich sei dies aber "tatsächlich weitgehend Ötzis originale Hautfarbe", sagt Zink. Ebenfalls in Ötzis Erbanlagen lag ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Es hatte jedoch dank seines gesunden Lebensstils wahrscheinlich keine akuten Auswirkungen auf seine Gesundheit.
Ein Replikat des 1991 in den Ötztaler Alpen entdeckten Steinzeitmenschen Ötzi liegt im Museum für Naturkunde in Magdeburg in der Ausstellung "Ötzi. Der Mann aus dem Eis" in einer Nachbildung einer Kältekammer.
Ötzi war mit etwa 1,60 Metern für seine Zeit durchschnittlich groß, wog um die 50 Kilogramm und war etwa 45 Jahre alt, als er mit einem Pfeil getötet wurde. Letzte Mahlzeit vor seinem Tod war höchstwahrscheinlich getrocknetes Steinbockfleisch.
Rekonstruktion in Museum soll erstmal bleiben
Die Gletschermumie liegt im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen, in dem auch eine Rekonstruktion des lebenden Ötzis mit heller Haut und langen Haaren steht. Sprecherin Katharina Hersel sagte der dpa, dass die Rekonstruktion trotz der neuen Erkenntnisse nicht sofort angepasst werden solle.
Während die Erbanlagen eindeutig analysierbar seien, sei das Forschungsteam sehr zurückhaltend, "was die Wahrscheinlichkeit anbelangt, ob, wann und in welchem Ausmaß sich diese Erbanlagen zu Lebzeiten eines Menschen zeigen."