Australien bemüht sich um die Ureinwohner Regierung entschuldigt sich bei Aborigines
Australiens neuer Regierungschef Rudd hat sich zu Beginn seiner Amtszeit bei den Aborigines für erlittenes Unrecht und jahrzehntelange Diskriminierung entschuldigt. Damit revidierte Rudd die Politik seines Vorgängers Howard, der die Entschuldigung elf Jahre lang abgelehnt hatte.
Australiens neuer Regierungschef Rudd entschuldigt sich zu Beginn seiner Amtszeit bei den Aborigines für erlittenes Unrecht und jahrzehntelange Diskriminierung. Damit revidierte Rudd die Politik seines Vorgängers Howard, der die Entschuldigung elf Jahre lang abgelehnt hatte.
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Hörfunkstudio Südostasien
Aborigines aus ganz Australien campierten seit Tagen vor dem Parlamentsgebäude in der australischen Hauptstadt Canberra. Viele wollten bei dem historischen Moment live dabei sein. Premierminister Kevin Rudd entschuldigte sich im Namen des Staates für erlittenes Unrecht bei den Ureinwohnern des Kontinents, ganz besonders bei der sogenannten gestohlenen Generation. Dies sei ein schwarzes Kapitel in der australischen Geschichte, sagte Rudd.
Er entschuldigte sich für Gesetze des Staates, die zu Schmerz und Leid bei australischen Mitbürgern geführt hätten und für die Zerstörung von Familien und sozialen Gemeinschaften der Ureinwohner. Jahrzehntelang waren Kinder aus Aborigine-Familien von ihren Eltern getrennt und entweder in Erziehungsheimen der Weißen großgezogen oder zur Adoption freigegeben worden.
Sie sagten: "Wir würden in den Zirkus gehen"
Viele der Betroffenen haben das Trauma des Verlustes ihrer Familie bis heute nicht überwunden. Eine von ihnen ist Lola Edwards, die als Kind in einem Erziehungsheim für Aborigine-Mädchen in Cootamundra aufgewachsen war und als vierjähriges Mädchen von ihrer Familie weggeholt wurde. "Bis heute habe ich diesen Geschmack von Brombeeren im Mund", erinnert sich Lola Edwards. "Denn in meiner Erinnerung ist dieser Tag, als ich von Zuhause weggeholt wurde, noch sehr stark präsent. Und meine Erinnerung ist mit diesen Brombeeren verbunden, denn ich war damals mit meiner Mutter draußen Brombeeren sammeln. Ich habe mich am Kleid meiner Mutter festgehalten, als der Mann vom Sozialamt kam und sagte, wir würden in den Zirkus gehen."
Aborigines zum Spaß erschossen
Bis zum Jahr 1967 wurden die Aborigines in Australien noch nicht mal in der Bevölkerungsstatistik geführt, sondern wie wilde Tiere betrachtet. Im Bundesstaat Tasmanien wurden Aborigines von Weißen zum Spaß gejagt und erschossen. Der australische Premierminister versprach den Aborigines, dass sich solches Unrecht nie mehr wiederholen werde. Die im Namen des Staates ausgesprochene Entschuldigung sei der Beginn eines Versöhnungsprozesses für die gesamte Nation.
"Ich habe allen Grund verbittert zu sein"
So sieht es auch Lola Edwards, die sich heute in einer Organisation engagiert, die einst auseinander gerissene Familien der Aborigines wieder zusammenführt. "Diese Entschuldigung geht an uns, die Mitglieder der gestohlenen Generation", sagt die Aborigine. "Der Rest Australiens kann darüber denken, was er will. Ich denke vor allem an meine Mutter und meinen Vater, aus deren Armen wir damals gerissen wurden. Ob ich verbittert bin? Ich habe allen Grund verbittert zu sein, aber ich bin es nicht. Es ist nun mal so geschehen und gehört zur Geschichte Australiens, und damit zu mir und allen anderen der gestohlenen Generation."
Entschuldigung lange überfällig
Die Regierungen der einzelnen australischen Bundesstaaten hatten sich bereits im Vorfeld für das Unrecht gegenüber den Ureinwohnern entschuldigt. Auf die jetzt ausgesprochene Entschuldigung der Bundesregierung haben die Betroffenen lange gewartet. Eine finanzielle Entschädigung ist damit jedoch nicht verbunden. Bislang gibt es nur im Bundesstaat Tasmanien einen Entschädigungsfonds für Aborigines der sogenannten gestohlenen Generation.