Gentechnik in China Geklonte Affen für die Forschung
Chinesische Wissenschaftler haben erstmals einen genetisch veränderten Makaken geklont. Insgesamt konnten sie fünf Kopien des Affen erzeugen. Der Aufwand dafür ist groß - und ethisch fragwürdig.
Genau vor einem Jahr verkündete der Neurowissenschaftler Qiang Sun von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften die Geburt zweier geklonter Langschwanzmakaken - auch Javaneraffen genannt. Das war damals wissenschaftlich eine Sensation, weil alle vorherigen Versuche, Affen zu klonen, gescheitert waren.
Jetzt hat sein Institut in Shanghai weitere fünf Klonaffen auf die Welt gebracht und das Ergebnis in der chinesischen Fachzeitschrift "National Science Review" veröffentlicht.
Der wesentliche Unterschied ist: Bei den jetzt geborenen Makaken handelt es sich um "Knock-Out"-Affen. Ihnen wurde mit der Genschere Crispr/Cas ein Gen entfernt. Ohne dieses Gen "BMAL1" sind Affen besonders anfällig für eine Reihe von Krankheiten. Ihre innere Uhr funktioniert nicht mehr richtig, sie bekommen leichter Schlaf- und Hormonstörungen, Depressionen und sogar Schizophrenie.
Die Wissenschaftler klonten die Affen, um die Forschungsergebnisse besser vergleichen zu können.<br/>
"Standardisierte" Versuchstiere
China ist der weltweit größte Exporteur von Versuchsaffen, und Langschwanzmakaken sind die am häufigsten in Tierversuchen eingesetzte Affenart. Sie sind dem Menschen in vieler Hinsicht ähnlicher als andere Säugetiere, die ethischen Hürden sind jedoch niedriger als bei Menschenaffen.
Erklärtes Ziel der chinesischen Forscher ist es, genetisch "standardisierte" Versuchstiere zu erzeugen. An genetisch veränderten Klonaffen, wie sie jetzt auf die Welt kamen, könnten sich Therapien gegen die genannten Krankheiten testen lassen.
Diese Hoffnung teilt auch Stefan Treue, Direktor des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen. "Je größer die Ähnlichkeit zwischen den Erkrankungen bei Versuchstier und Mensch, desto aussagekräftiger sind die Versuche", sagt er. Wenn die Versuchstiere zudem genetisch identisch sind, könnte man am Ende mit weniger Tieren zu den gleichen Ergebnissen kommen.
Ethische Herausforderung
Aus ethischer Sicht bedeutet das allerdings auch: Die Wissenschaftler haben diesmal gezielt Affen erzeugt, die unter angeborenen Krankheiten leiden - und das in Serie. Qiang Sun erklärt das sehr offen: Die Forscher hätten aus den genetisch veränderten Affen "denjenigen mit den schwersten Krankheitssymptomen herausgesucht", erklärt er in einer Pressemitteilung. Dieser Affe wurde dann geklont.
Für Treue ist dieses Prinzip nicht verwerflich - bei anderen Versuchstieren werde das schon lange gemacht. "Das ist in der Tierversuchsforschung bei Nagetieren weit verbreitet, aber bei Primaten bisher nicht möglich gewesen."
Dennoch handelt es sich auch aus Treues Sicht um eine ethische Herausforderung: Entscheidend sei das Leid der Tiere.
Deshalb muss man sich genau anschauen, was für eine Krankheit das ist. Was bedeutet das für die Tiere? Da muss wie bei jedem Tierversuch abgewogen werden zwischen dem Leiden der Versuchstiere und der wissenschaftlichen Aussagekraft, die dazu dient, Leiden beim Menschen zu verringern.
Makaken sind die am häufigsten in Tierversuchen eingesetzte Affenart.
300 Embryonen "verbraucht"
Noch ist die Ausbeute klein: Die Forscher mussten - wie schon beim Versuch vor einem Jahr - 300 Embryonen erzeugen und diese in Dutzende von Leihmuttertieren einsetzen, um am Ende fünf lebende Affen zur Welt zu bringen. Vor einem Jahr waren es zwei. Technisch also sind die Wissenschaftler zwar ein wenig, aber nicht wesentlich weiter.
Somit ist das Verfahren auch noch weit davon entfernt, Versuchstiere in großer Zahl zu produzieren. Der Hoffnung, irgendwann die Zahl der Versuchsaffen zu reduzieren, steht also im Moment ein hoher "Verbrauch" von Affen-Embryonen und Leihmuttertieren entgegen. Auch ist es derzeit unmöglich, auf diese Weise Menschen zu klonen - allein schon wegen der vielen Fehlversuche.
Viele Schlagzeilen aus China
China sorgt in letzter Zeit immer wieder für Schlagzeilen. Vor allem die Geburt zweier genetisch veränderter Babys im November hat die Forschergemeinde aufgeschreckt. Diese Versuche wurden international und auch in China selbst als unverantwortlich verurteilt. Das ist bei den geklonten Affen anders. Die Forscher betonen, ihr Forschungsprogramm sei in Übereinstimmung mit internationalen Standards überwacht worden.