Afghanistan-Konferenz in Brüssel Frisches Geld, leichtere Abschiebungen?
Es geht um Geld für Afghanistan, ohne internationale Hilfe bräche der Staat zusammen: In Brüssel beginnt heute eine internationale Geberkonferenz. Dabei spielt auch das Thema Flüchtlinge - Stichwort leichtere Abschiebungen - eine zentrale Rolle.
Je mehr die Taliban in Afghanistan an Boden gewinnen, umso schwieriger wird es für die Europäer, die Menschen am Hindukusch mit ihrer Botschaft zu erreichen. Die da lautet: "Wir lassen euch nicht im Stich. Wir stehen weiter an eurer Seite." Genau das ist aber das Signal, das von Brüssel ausgehen soll.
Um die afghanischen Sicherheitskräfte, um deren Training und Unterstützung, kümmert sich die NATO. Die EU und deren internationale Partner sind für Wirtschaft und Politik zuständig, so lautet - zumindest in der Theorie - die Arbeitsteilung: "Es handelt sich um eine Geberkonferenz. Um die sozialen und wirtschaftlichen Reformen aufrechtzuerhalten, um Jobs zu schaffen. Um den jungen Menschen und den Frauen eine Gegenwart und eine Zukunft in ihrem eigenen Land zu ermöglichen", sagt die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.
Geldzufuhr für die kommenden vier Jahre
Dass Afghanistan am Tropf der internationalen Gemeinschaft hängt und ohne diese lebenserhaltenden Maßnahmen zusammenbräche, ist kein Geheimnis. Umso wichtiger, dass in Brüssel die Geldzufuhr für die kommenden vier Jahre gesichert wird.
Dass die Zuwendungen "genauso oder ähnlich hoch ausfallen wie derzeit", erwartet der afghanische Finanzminister Eklil Ahmed Hakimi. Ob das aber wirklich alles reichen wird, um das Land vor dem Rückfall ins Chaos zu bewahren, ist die große Frage: "Die Taliban haben ein größeres Gebiet unter ihrer Kontrolle als 2011. Man muss von einer Ausdehnung des Einflusses der Extremisten sprechen", warnt die außenpolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, Barbara Lochbihler.
Land wird für Zivilisten immer gefährlicher
Laut den Vereinten Nationen wird Afghanistan für Zivilisten immer gefährlicher. 2015 gelang es den Taliban, ausgerechnet die Provinzhauptstadt Kundus, einen ehemaligen Bundeswehrstandort, zu überrennen und tagelang zu beherrschen. Jetzt, ziemlich genau ein Jahr später, drangen sie erneut ins Stadtzentrum vor.
Trotz allem versuche die EU, die afghanische Regierung zur Rücknahme von Flüchtlingen zu bewegen, kritisiert Lochbihler im ARD-Hörfunkinterview: "Das sind mehr als Hinterzimmer-Gespräche. Man will organisieren, dass die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern umgesetzt wird."
Rücknahme von Flüchtlingen zugesichert
Wie die EU-Kommission bestätigt, wurde am Wochenende mit der afghanischen Regierung tatsächlich ein wichtiges Abkommen unterzeichnet. Es trägt den Titel "Gemeinsamer Weg nach vorne". Die afghanische Regierung verpflichtet sich demnach zur Rücknahme von Flüchtlingen aus der EU. Die Verabredung soll die Abschiebung zum Beispiel von abgelehnten Asylbewerbern erleichtern. Am Rande der Konferenz soll nun weiter beraten werden.
Allerdings bestritt ein hochrangiger EU-Offizieller, dass Hilfsgelder nur ausgezahlt würden, wenn Kabul sich hier kooperativ zeige. Es steht also viel auf dem Spiel bei dieser Afghanistan-Konferenz: Es geht um Geld, um Sicherheit in Afghanistan und letztlich auch um die Flüchtlingskrise.
"Die EU ist geografisch weit weg von Afghanistan, hat aber ein extrem starkes Interesse daran, dass Afghanistan Stabilität und Frieden findet", betont Mogherini. Das Interesse der EU ist hier ein doppeltes: Sie will erstens verhindern, dass Afghanistan wieder zum Rückzugsort internationaler Terroristen wird. Und zweitens, dass sich immer mehr Verzweifelte vom Hindukusch aus auf den Weg nach Europa machen. Doch dass Afghanistan für die Menschen sicherer wird, dafür gab es zuletzt nicht das geringste Anzeichen. Im Gegenteil.