Gebrauchtwagen Europas Schrott auf Afrikas Straßen
Immer mehr ausrangierte Autos aus Industriestaaten werden in afrikanische Länder weiterverkauft. Dort werden sie zur Gefahr - für den Verkehr und für Klima und Umwelt, warnen die UN.
Eine Straßenkreuzung in Kenias Hauptstadt Nairobi. Hier warten Taxifahrer auf Kundschaft. Kaum ein Auto ist jünger als zehn Jahre - enigen sieht man an, dass sie aus unterschiedlichen Teilen zusammengeschweißt sind. Fast alle Fahrer haben schon Unfälle oder Fast-Unfälle gehabt.
"Die Motorhaube hat sich geöffnet, als ich etwa 80 Stundenkilometer gefahren bin. Zum Glück habe ich es noch geschafft, das Auto zu stoppen", erzählt ein Mann, der sich als Robinson vorstellt. "Unfälle sind normal. Du bist unterwegs und der Wagen reagiert nicht mehr richtig. Dann trittst du auf die Bremse, aber es ist zu spät und du bist schon auf ein anderes Auto aufgefahren."
Taxis in den Slums von Kibera am Rand von Nairobi.
Die Sicherheit auf den Straßen ist das eine. Das andere sind die schädlichen Abgase, die von den alten Autos ausgestoßen werden. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP schlägt Alarm. Denn die Zahl der Fahrzeuge wird in den nächsten Jahren noch zunehmen, sagt Direktorin Inger Andersen: "Die globale Fahrzeugflotte wird sich bis zum Jahr 2050 voraussichtlich verdoppeln. 90 Prozent dieses Wachstums wird wahrscheinlich in Ländern verzeichnet, die ein geringes Pro-Kopf-Einkommen haben. Dort werden vor allem importierte Gebrauchtwagen gekauft."
Das Problem: Diese Autos sind oft in einem katastrophalen Zustand. Ausgemustert und teils sogar ausgeschlachtet in Europa, Japan oder den USA werden sie Richtung Afrika verschifft. "Entwicklungsländer vor allem in Afrika dienen als Schrottplatz für Autos, die von den reichen Ländern nicht mehr als sicher oder sauber genug angesehen werden", sagt Andersen. "Das widerspricht allen Regeln der Fairness. Und es ist ein Grund, sich um die Gesundheit der Menschen und um die Umwelt zu sorgen."
14 Millionen Gebrauchtwagen binnen drei Jahren
Das UN-Umweltprogramm veröffentlichte zuletzt eine Studie, wonach innerhalb von drei Jahren weltweit etwa 14 Millionen Gebrauchtwagen exportiert wurden. Mehr als drei Viertel gingen in arme Länder. Ein Großteil der Fahrzeuge erfüllt nicht die geltenden Umweltstandards. Für die Käufer zählt vor allem, dass die Wagen erschwinglich sind.
Eddy Chiriga steckt mitten in Verhandlungsgesprächen mit einem Kunden. Er ist ein erfahrener Autoverkäufer in Simbabwes Hauptstadt Harare. Vor einigen Jahren hat er bei einem Verkehrsunfall ein Bein verloren. Aber das hält ihn nicht davon ab, weiter seinen Beruf auszuüben.
Die Autos, die er anbietet, sind alle schon viele Jahre alt. Er achte auf den Zustand der Wagen, nicht auf das Baujahr, meint Chiriga. Er fürchtet große Nachteile, wenn der Export gebrauchter Fahrzeuge eingeschränkt werden sollte. "Unser Geschäft wird nicht überleben, wenn nur noch Autos, die nicht älter als fünf Jahre sind, eingeführt werden dürfen", sagt er. "Solche Wagen können sich nur Firmen oder Organisationen leisten. Für die normalen Leute sind sie unerschwinglich."
Gebrauchtwagen-Regulierungen wie in Europa
Die Vereinten Nationen haben eine Initiative gestartet, um Mindeststandards für den Import von Gebrauchtautos aufzustellen. Es gehe dabei nicht darum, den Handel völlig zu unterbinden, sagt UNEP-Direktorin Andersen: "Wir verlangen kein komplettes Verbot. Aber der Gebrauchtwagenmarkt sollte genauso reguliert sein, wie er es in Europa ist."
Mehrere afrikanische Länder haben schon neue Richtlinien erlassen. Ghana beispielsweise begrenzt jetzt den Import: Fahrzeuge, die beschädigt oder in einem schlechten Zustand sind, sollen nicht mehr eingeführt werden - und sie dürfen generell nicht älter als zehn Jahre sein. Die Elfenbeinküste und Mauritius haben vor Jahren ähnliche Schritte unternommen. Der Studie des UN-Umweltprogramms zufolge sind die Geschäfte dadurch nicht zurückgegangen, sagt Autorin Jane Akumu:
Sie waren in der Lage, sehr saubere Wagen zu importieren. Die Gesamtzahl der Fahrzeuge hat weiter zugenommen.
Während die Belastung für die Umwelt trotzdem abnimmt: Von Afrikas Straßen sollen nur die unsicheren Abgasschleudern verschwinden, die in Europa schon längst nicht mehr fahren dürfen. "Schrott-Fahrzeuge sollten verschrottet werden", betont Andersen. "Dann werden ihre Bestandteile recycelt und neu verwendet. Alle Autos, die nicht mehr fahrtauglich sind, sollten aus dem Verkehr gezogen werden. Das wäre eine gute Sache."