Kenias neuer Präsident Armut bekämpfen, vom Reichtum schweigen
Kenias neuer Präsident Ruto tritt sein Amt unter großen Erwartungen an - er soll die Armut im Land verringern. Er selbst tritt auf als Mann aus einfachen Verhältnissen, doch das ist nur ein Teil seiner Geschichte.
Eine Frage mag Kenias künftiger Präsident William Ruto überhaupt nicht: die Frage, wie er zu seinem Reichtum gekommen ist. Vor allem nicht, wenn sie ihm ein Interviewer im kenianischen Fernsehen stellt.
Journalist Ken Mijungu konfrontierte den damaligen Vizepräsidenten einige Zeit vor der Wahl mit den Ergebnissen einer Meinungsumfrage. Danach wurde er als der korrupteste Politiker im Land eingestuft. Eine Feststellung, die an Ruto abprallt. Genauso wie alle weiteren Fragen nach seinem Vermögen, das ihn zu einem der reichsten Männer Kenias machen soll.
Stattdessen reagiert er - wie so oft - nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. "Ist ihre eigentliche Frage nicht: Wie können Sie es wagen, als Präsident zu kandidieren, wenn Sie nur der Sohn eines einfachen Bauern sind?", konterte er.
Eine lange erprobte Erzählung
Diese Aufstiegsgeschichte hat Ruto im Wahlkampf ständig wiederholt: wie er es schaffte, sich ganz nach oben zu arbeiten, obwohl er aus bescheidenen Verhältnissen stammt. So habe er Hühnchen an der Straße verkauft, um sein Studium zu finanzieren, und Second-Hand-Kleidung getragen.
Die Botschaft an seine Wähler dabei: Wenn ihr für mich stimmt, könnt ihr so eine Karriere auch schaffen.
Angeklagt in Den Haag
Ein anderes Thema, das Ruto gern vermeidet: seine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Nach Wahlen 2007 war Kenia über Wochen in Gewalt und Chaos versunken. Ruto wurde vorgeworfen, mitverantwortlich für Morde und Vertreibungen zu sein.
Doch statt im Gerichtssaal verteidigte sich der Angeklagte vor allem in der Kirche. "Ich bitte euch darum, für mich zu beten", rief er in einer von vielen Messen in dieser Zeit seine Anhänger auf. Gottes Wille solle geschehen.
Das Verfahren platzte dann allerdings durch weltliche Intervention. Zeugen der Anklage wollten nicht mehr aussagen. Viele von ihnen sollen bedroht oder bestochen worden sein.
Steter Aufstieg
Kirche und Politik gehören für Ruto schon immer zusammen. Als Junge war er Messdiener. Während seiner Zeit an der Universität predigte er sogar. Gleichzeitig begann seine politische Karriere in der Jugendorganisation der Partei des damaligen Diktators Daniel Arap Moi.
Es dauerte nicht lange, bis Ruto ins Parlament gewählt wurde. Seine nächsten politischen Stationen waren unter anderem das Amt des Landwirtschaftsministers und schließlich des Vizepräsidenten.
Hohe Erwartungen
Mit 55 Jahren hat seine politische Karriere jetzt ihren Höhepunkt erreicht. Die Erwartungen der Kenianerinnen und Kenianer an ihn sind hoch.
Er solle hart daran arbeiten, die wirtschaftliche Lage zu verbessern, sagt ein Mann auf der Straße, und eine Frau fordert, Ruto müsse Arbeitsplätze für die Jugend schaffen. Doch sie ist auch überzeugt: "Ich glaube, er wird das Land verändern."
Im Wahlkampf hat Ruto unter anderem versprochen, umgerechnet mehr als 400 Millionen Euro an die arme Bevölkerung im Land zu verteilen. Doch wo dieses Geld herkommen soll, wenn Kenia bis über beide Ohren verschuldet ist, bleibt bisher genauso unklar wie die Herkunft von Rutos Vermögen.