Kampf gegen Klimawandel Globaler Süden braucht 2,4 Billionen Euro pro Jahr
Ein für die COP27 veröffentlichter Expertenbericht schätzt die jährlichen Kosten für den Kampf gegen die Klimakrise in Schwellen- und Entwicklungsländern auf 2,4 Billionen Euro. Einen großen Teil sollen die Industriestaaten tragen.
Die Entwicklungs- und Schwellenländer des sogenannten globalen Südens brauchen bis 2030 pro Jahr eine Summe von rund 2,4 Billionen Euro, um die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen und die Umstellung auf eine nachhaltigere und klimafreundlichere Wirtschaft zu realisieren. Zu diesem Ergebnis kommt ein im Rahmen der aktuellen Weltklimakonferenz COP27 veröffentlichter Bericht von Ökonomen und Umweltexperten.
In Auftrag gegeben wurde die Analyse gemeinsam von Ägypten, dem aktuellen Gastgeberland der COP27, und Großbritannien, wo die UN-Klimakonferenz im vergangenen Jahr abgehalten wurde.
"Entscheidendes Jahrzehnt"
In dem Bericht fordern die Autoren einen "umfassenden und schnellen Investitionsschub", um in den betroffenen Ländern eine "starke und nachhaltige Entwicklung" voranzutreiben. Diese Investitionen könnten das Wachstum von und die Umstellung auf "Schlüsselsysteme" voranbringen, etwa im Energie- oder Verkehrssektor wie auch bei der Wassernutzung und in der Landwirtschaft. Die Experten sprachen in ihrer Analyse von einem "entscheidenden Jahrzehnt", um "immense und irreversible Schäden durch Klimawandel und Biodiversitätsverlust" zu verhindern.
Fast 50 Experten haben an dem Bericht "Finance for Climate Action" mitgewirkt. Den Vorsitz hatten dabei Vera Songwe, Wirtschaftswissenschaftlerin und Exekutivsekretärin der UN-Wirtschaftskommission für Afrika, und der britische Ökonom Nicholas Stern inne. Stern ist Vorsitzender des Grantham Research Instituts, welches zu Klimawandel und Umwelt forscht. Als Exekutivsekretär stand der Expertengruppe Amar Bhattacharya von der US-Denkfabrik Brookings vor.
Der Bericht bezieht sich auf Schwellen- und Entwicklungsländer mit Ausnahme Chinas. Die chinesische Wirtschaft ist die zweitgrößte der Welt und in vielerlei Hinsicht fortschrittlich.
Investitionen in Energie, Landwirtschaft und gegen Klimaschäden
Die jährliche Summe von 2,4 Billionen Euro sollte aus Sicht der Expertengruppe für drei Kernpunkte aufgebracht werden: Zum einen für den Umstieg auf finanzierbare, saubere Energie, zum anderen für die Bewältigung von Klimaschäden durch Extremwetterphänomene wie Dürren oder Überschwemmungen. Dafür seien die Entwicklungsländer im Vergleich zu den Industriestaaten deutlich anfälliger. Und drittens für die Entwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft.
Eine Billion sollen Industrieländer aufbringen
Rund eine Billion Euro sollten laut Analyse pro Jahr von den Industrieländern sowie von ausländischen Investoren und multilateralen Entwicklungsbanken aufgebracht werden. Derzeit belaufen sich die Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländer mit Ausnahme Chinas auf etwa 500 Milliarden Dollar.
"Reiche Länder sollten erkennen, dass es in ihrem eigenen grundlegenden Interesse liegt, in Klimaschutzmaßnahmen in Schwellen- und Entwicklungsländern zu investieren", erklärte der britische Ökonom Stern. Zudem sei es angesichts der Auswirkungen der hohen aktuellen und früheren Treibhausgasemissionen dieser Länder "auch eine Frage der Gerechtigkeit".
Die restliche Summe von rund 1,4 Billionen Dollar muss demnach von privaten oder öffentlichen Investoren innerhalb der Entwicklungs- und Schwellenländer bereitgestellt werden.
Milliardenunterstützung für Südafrika vereinbart
Ein solcher Schritt für die stärkere finanzielle Unterstützung des globalen Südens wurde auf der COP27 bereits vereinbart: Deutschland und andere Industriestaaten haben für Südafrika gemeinsame Milliardenhilfen zugesagt, damit dem Land die Abkehr von der Kohle gelingt.
Die von Deutschland, Großbritannien, Frankreich, der Europäischen Union und den USA geplanten Hilfen in Höhe von 8,5 Milliarden Dollar (knapp 8,5 Milliarden Euro) sollen unter anderem für die Stilllegung von Kohlekraftwerken und die Förderung erneuerbarer Energien verwendet werden, hieß es in einer in Scharm el-Scheich veröffentlichten Erklärung.
Deutschland sagt mehr als eine Milliarde Euro zu
Die Industriestaaten billigten demnach den südafrikanischen Plan für die Abkehr von der Kohle. Das Unterstützungsprogramm werde dazu beitragen, dass die "sauberen Energien in Südafrikas Wirtschaft gedeihen", wurde US-Präsident Joe Biden in der Erklärung zitiert.
Deutschland hat für Südafrikas Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle nach Angaben des Bundesentwicklungsministeriums in Berlin bereits 700 Millionen Euro bereitgestellt und in kürzlich abgeschlossenen Verhandlungen weitere 320 Millionen Euro zugesagt.
Deutschland und Südafrika kooperieren den Angaben zufolge unter anderem beim Bau von Solar- und Windkraftanlagen sowie bei Leitungen zur Übertragung von Ökostrom. Diese Investitionen sollen vor allem in den Kohleregionen neue Arbeitsplätze schaffen. Auch Programme zur Umschulung ehemaliger Kohlearbeiter und zur Ausbildung in den in der Energiewende dringend benötigten Berufen werden von Deutschland gefördert.
Partnerschaft in Glasgow auf den Weg gebracht
Südafrika - die größte Volkswirtschaft des afrikanischen Kontinents - ist bisher für seine Stromerzeugung zu 80 Prozent auf die Kohle angewiesen. Die Partnerschaft von Industriestaaten mit Südafrika bei der Abkehr von der Kohle ist eine der Kooperationen, die als Just Energy Transition Partnership, kurz JETP, bezeichnet werden.
Die JETP war im vergangenen Jahr bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow auf den Weg gebracht worden, um einen schnelleren und sozial gerechten Übergang von Entwicklungs- und Schwellenländern zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu ermöglichen.