Überschwemmungen in Libyen 30.000 Obdachlose allein in Darna
Durch die Überschwemmungen sind in Libyen Tausende Häuser zerstört worden. Die Internationale Organisation für Migration geht von mindestens 30.000 Obdachlosen allein in Darna aus. Die UN wollen rasch humanitäre Hilfe zur Verfügung stellen.
Nach der verheerenden Flutkatastrophe in Libyen sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 30.000 Menschen obdachlos geworden - allein in Darna. Die Zahlen bezogen sich auf die besonders schwer betroffene Hafenstadt, wie die UN-Organisation mitteilte. In benachbarten Orten hätten ebenfalls Tausende Menschen ihr Dach über dem Kopf verloren.
Es wird befürchtet, dass die Zahl der Todesopfer in den Katastrophengebieten weiter steigt. In der Nacht zum Montag waren im Osten Libyens nahe Darna zwei Dämme gebrochen und hatten ganze Viertel ins Meer gespült. Ein Sprecher des Innenministeriums der ostlibyschen Regierung teilte mit, dass allein in der Hafenstadt mehr als 5.300 Menschen gestorben seien. Etwa 10.000 Menschen gelten als vermisst.
UN und EU starten Hilfe
Um die Menschen vor Ort zu unterstützen, mobilisieren die Vereinten Nationen Hilfe für Libyen. Man arbeite mit lokalen, nationalen und internationalen Partnern zusammen, "um den Menschen in den betroffenen Gebieten dringend benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen", sagte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres. Ein UN-Team sei vor Ort. Man kooperiere mit den Behörden, um den Bedarf zu ermitteln und laufende Hilfsmaßnahmen zu unterstützen.
Die EU hat ihr Katastrophenschutzverfahren aktiviert, um Libyen nach den schweren Überschwemmungen zu helfen. Die EU habe 500.000 Euro an humanitärer Soforthilfe bereitgestellt und koordiniere die Hilfsangebote einzelner EU-Staaten, erklärte der für das Krisenmanagement zuständige Kommissar Janez Lenarcic in Brüssel. "Ich danke den EU-Staaten, die bereits Unterkünfte, Generatoren, Lebensmittel und andere lebenswichtige Hilfe angeboten haben", sagte Lenarcic. Laut EU-Angaben haben bisher Deutschland, Rumänien und Finnland über den EU-Mechanismus Hilfe zur Verfügung gestellt. "Die EU steht bereit, den Umfang der Hilfsmaßnahmen weiter zu erhöhen", erklärte Lenarcic.
Bundesregierung gibt vier Millionen
Daneben leistet die Bundesregierung weitere Hilfe. So stellt das Bundesentwicklungsministerium kurzfristig vier Millionen Euro zusätzlich bereit. "Unsere Gedanken sind bei den von der schrecklichen Flut betroffenen Menschen in Libyen", sagte Ministerin Svenja Schulze in Berlin. "Wir lassen sie bei der Bewältigung der Katastrophe nicht alleine."
Auch das Technische Hilfswerk (THW) bereitet die Lieferung von Hilfsgütern in das Überschwemmungsgebiet vor. Da man ständig Güter für solche Anfragen lagere, könne man nun kurzfristig Zelte mit Beleuchtung, Feldbetten, Decken, Isomatten sowie Stromgeneratoren zur Verfügung stellen, sagte THW-Präsidentin Sabine Lackner. Libyen hatte demnach in der Nacht auf Mittwoch ein entsprechendes internationales Hilfeersuchen gestellt.
Konkret sollen 100 Zelte mit Beleuchtung, 1000 Feldbetten, 1000 Decken, 1000 Isomatten und 80 Stromgeneratoren geliefert werden. Das Material werde derzeit in THW-Logistikzentren in Bayern und Baden-Württemberg zusammengestellt. Wann genau die Hilfsgüter ins Katastrophengebiet geflogen werden, steht einer THW-Sprecherin zufolge bislang nicht fest.
Ganze Wohnblocks weggerissen
Darna wurde 2019 von Einheiten des einflussreichen Generals Chalifa Haftar eingenommen. Er kontrolliert große Gebiete im Osten Libyens. Die Hafenstadt wurde bereits in der Antike namentlich erwähnt. Große Teile der modernen Infrastruktur wurden in der Zeit von Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi gebaut - auch der nun zerstörte Staudamm oberhalb der Stadt.
Bewohner der Stadt veröffentlichten im Internet Videos von der gewaltigen Zerstörung. Am Ufer des Flusses Wadi Darna wurden ganze Wohnblocks weggerissen. Mehrstöckige Häuser, die zuvor in deutlichem Abstand zum Fluss gestanden hatten, waren teilweise eingestürzt und unter einer Schlammschicht begraben. Ein Bewohner Darnas, Ahmed Abdalla, sagte, nach dem Bruch der Dämme sei eine Wasserwand auf das Stadtzentrum zugerauscht, die alles in ihrem Weg ausgelöscht habe.
Vor Ort suchen Rettungskräfte weiter nach Überlebenden. Wegen der Wassermassen sind viele Gebiete noch von der Außenwelt abgeschnitten. Bilder aus dem kriegsversehrten Land zeigen das Ausmaß der Schäden. Neben Darna sind Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. Die betroffenen Regionen wurden zu Katastrophengebieten erklärt.
Finanzzusagen unter Feinden
Die politische Lage in Libyen ist seit Jahren von Konflikt geprägt: Zwei verfeindete Regierungen - eine mit Sitz im Osten, die andere mit Sitz im Westen - kämpfen um die Macht. Die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis sagte Millionenhilfen für die Katastrophengebiete zu - obwohl sie die Gegend nicht kontrolliert. Aus Tripolis machten sich Hilfskonvois auf dem Weg nach Osten.