Flutkatastrophe in Libyen Gigantische Schäden - zu wenig Helfer
Die Hilfsarbeiten in den Überschwemmungsgebieten in Libyen kommen nur schleppend voran. Derweil werden immer noch Leichen geborgen. Zudem warnen die UN vor der prekären Lage an zwei weiteren Dämmen.
In den Überschwemmungsgebieten Libyens kämpfen die Rettungs- und Bergungsmannschaften auch nach über einer Woche mit überwältigenden Herausforderungen. Zwar sind über den Flughafen Bengasi immer mehr Hilfsgüter eingetroffen, doch reicht das nach Angaben von Helfern, Bewohnern und internationalen Beobachtern noch längst nicht aus.
"Es ist so viel zerstört worden", sagte Claudia Gazzini, eine Libyen-Analystin der International Crisis Group, dem "Wall Street Journal". Sie machte sich in der stark zerstörten Hafenstadt Darna, dem Epizentrum der Katastrophe, ein Bild von der Lage. "Die Rettungsbemühungen sind klein im Vergleich zu den Schäden", so Gazzini.
Die Verteilung von Essen, Medikamenten, Planen und anderem bleibt schwierig. Helfer dringen nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen darauf, dass die Hilfseinsätze besser koordiniert werden.
Sauberes Trinkwasser wird knapp
Bergungsmannschaften suchen weiter nach Leichen, die unter dem Trümmerchaos verwesen. "An jeder Ecke riecht man tote Menschen", sagte Osama Aly, Sprecher der libyschen Katastrophenschutzbehörde, die ihren Sitz in Tripolis im Westen hat, dem "Wall Street Journal".
Hinzu kommt der Gestank ungeklärter Abwässer. Vor allem der Mangel an sauberem Trinkwasser schürt die Sorge, es könnten sich Krankheiten wie Cholera ausbreiten.
Mehrere Tote bei Unfall
Die Rettungsarbeiten wurden unterdessen von einem schweren Unfall überschattet: Mindestens vier griechische Nothelfer und drei Angehörige einer libyschen Familie kamen dabei nach Angaben der Behörden in Ostlibyen ums Leben. 19 griechische Retter waren auf dem Weg nach Darna, als ihr Kleinbus mit dem Wagen einer fünfköpfigen Familie zusammenstieß. 15 Personen wurden teils schwer verletzt.
Dass Libyen faktisch zweigeteilt ist, macht die Rettungseinsätze nicht einfacher. Das Bürgerkriegsland hat im Westen eine Regierung, die international anerkannt ist. Im Osten, wo der Sturm "Daniel" besonders großen Schaden angerichtet hat, herrscht eine andere Regierung, die international nicht anerkannt ist.
Zwei weitere Dämme in Gefahr
Das UN-Nothilfebüro (OCHA) warnte zudem vor einer prekären Lage an zwei weiteren Dämmen, hinter denen sich große Wassermengen stauen sollen. Es geht um den Dschasa-Damm zwischen der teils zerstörten Stadt Darna und Bengasi und den Kattara-Damm nahe Bengasi, teilte OCHA am Sonntagabend mit. Berichte über die Lage seien jedoch widersprüchlich. Nach Angaben der Behörden sind beide Dämme in gutem Zustand und funktionieren. Am Dschasa-Damm würden nach Behördenangaben Pumpen installiert, um den Druck auf die Staumauer zu nehmen, so OCHA.
Die Stadt Darna war nach dem schweren Unwetter am vergangenen Sonntag vor allem durch den Bruch zweier Dämme schwer getroffen worden. Tausende Menschen kamen ums Leben, Tausende werden noch vermisst. Genaue Opferzahlen haben die örtlichen Behörden bislang nicht. Laut UN kamen allein in Darna etwa 11.300 Menschen ums Leben, weitere 10.100 Menschen würden noch vermisst.