Marokko nach dem Erdbeben Viele Dörfer abgeschnitten - Hilfe läuft schleppend
Auch Tage nach dem schweren Erdbeben in Marokko sind Dörfer im bergigen Katastrophengebiet von der Außenwelt abgeschnitten. Freiwillige aus dem ganzen Land versuchen, den Menschen zu helfen. Ein Hilfstransport des DRK musste abgesagt werden.
In vielen Bergdörfern der Katastrophengebiete in Marokko mangelt es auch Tage nach dem schweren Erdbeben weiter an notwendigen Dingen zum Überleben. Noch immer haben Helfer nicht alle Dörfer im schwer getroffenen Atlasgebirge erreichen können. Rettungskräfte werfen daher Hilfspakete aus Flugzeugen ab. Um die Lieferungen zu beschleunigen, organisieren zunehmend junge Freiwillige aus dem ganzen Land die Verteilung von Hilfsgütern für viele Berggemeinden, denen das Nötigste fehlt.
Unterdessen warnte die marokkanische Nachrichtenseite "Hespress" vor der Gefahr des Menschenhandels mit jungen Mädchen, die zu Opfern des Erdbebens geworden sind. In sozialen Medien kursierten inzwischen Beiträge, in denen marokkanische Männer die Not auszunutzen versuchten und vorschlügen, minderjährige Erdbebenopfer zu heiraten, um sie "vor ihren Tragödien zu bewahren", berichtete "Hespress".
UN: 100.000 Kinder von der Katastrophe betroffen
Nach Angaben des marokkanischen Innenministeriums wurden bisher 2.946 Tote und 5.674 Verletzte gezählt. Es wird jedoch befürchtet, dass die Zahlen steigen. Die Hoffnung, Überlebende zu finden, ist inzwischen verschwindend gering.
Nach Informationen des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) sind etwa 100.000 Kinder von der Katastrophe betroffen. Tausende Häuser seien zerstört worden. Dadurch seien viele Familien obdachlos geworden und müssten die kalten Nächte im Freien verbringen.
Aktivisten koordinieren Verteilung von Hilfsgütern
Derweil koordinieren laut dem britischen Sender BBC immer mehr junge Aktivisten die Verteilung von Hilfsgütern für die notleidenden Menschen in den schwer betroffenen und abgelegenen Bergdörfern. Milch, Windeln und Bettzeug würden in Menschenketten weitergereicht und in Lastwagen verladen, deren Ladung für die Dörfer im Atlasgebirge bestimmt sei, hieß es. In vielen Gebieten würden die Bedürftigen so schneller versorgt als über offizielle Hilfswege.
Die Bemühungen, die Straßen von Felsbrocken zu befreien, gingen wegen der andauernden Gefahr durch Steinschläge in einigen Gebieten nur langsam voran, berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch. Es seien zwar schon Mengen an Decken und Lebensmitteln in die Katastrophenregion geliefert worden. Viele der isolierten Menschen bitten die Behörden und Helfer jedoch um Zelte zum Schutz vor der bitteren Kälte nachts.
DRK-Hilfstransport abgesagt
Ein Hilfstransport des Deutschen Roten Kreuzes, der für den Vormittag geplant war, ist abgesagt worden. "Aus Gründen, auf die wir und auch unsere Partner der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung keinen Einfluss haben, wurden kurzfristig neue Regularien und Vorschriften bekanntgegeben, die den Start des Flugzeugs am heutigen Tag unmöglich machen", hieß es in einer Mitteilung des DRK. Diese Entwicklungen würden zutiefst bedauert, weil die Menschen vor Ort nach dem schweren Erdbeben dringend Hilfe benötigten.
Die marokkanische Regierung steht unter wachsendem Druck, mehr internationale Hilfe anzunehmen. Bisher hat das nordafrikanische Land offiziell nur Unterstützung aus vier Ländern akzeptiert. "Es ist wichtig, dass in Zeiten wie diesen Hilfe allein nach dem Maß der Not geleistet wird und humanitäre Arbeit von allen Seiten unterstützt wird", betonte eine Sprecherin des DRK. Daher werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die kurzfristig entstandene Verzögerung zu beseitigen.
Vom Flughafen Leipzig/Halle hatte am Morgen eine Maschine mit insgesamt 36,6 Tonnen Hilfsgütern - darunter mehr als 3.000 isolierende Bodenmatten und 550 Familienzelte - abheben sollen.