Ärzte ohne Grenzen Dramatische Mütter- und Kindersterblichkeit im Sudan
Seit Langem tobt im Sudan ein blutiger Konflikt. Vor allem die Schwächsten leiden darunter: In der Region Süd-Darfur stirbt laut Ärzte ohne Grenzen "eine schockierende Zahl" von Neugeborenen und Müttern.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) schlägt Alarm angesichts eines dramatischen Anstiegs der Kinder- und Müttersterblichkeit in Süd-Darfur. "Eine derartige Krise habe ich in meiner Laufbahn noch nicht gesehen", sagte Gillian Burkhardt, die in Süd-Darfur für die Hilfsorganisation arbeitet. Der Tod von Müttern kurz nach der Geburt, Neugeborenen und Schwangeren sei in vielen Fällen vermeidbar. "Aber hier ist fast alles zusammengebrochen", sagte Burkhardt.
Ärzte ohne Grenzen meldete in einem neuen Bericht 114 Tode im Zusammenhang mit Schwangerschaftskomplikationen für den Zeitraum von Januar bis Mitte August. Die Dunkelziffer schätzt die Organisation noch viel höher. Im Laufe des Jahres seien die Todesfälle stark gestiegen, so MSF.
Geburten in unhygienischen Bedingungen
Die meisten der Mütter und Kinder starben dem Bericht zufolge an einer Sepsis - also einer Blutvergiftung. Weil nur noch wenige Gesundheitseinrichtungen arbeiten könnten, seien viele Frauen gezwungen, ihr Kind unter unhygienischen Bedingungen zur Welt zu bringen. In den Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen in Nyala und Kas starben demnach 48 Neugeborene - nur einer von fünf Säuglingen mit Sepsis überlebt.
Machtkampf zweier Generäle
Ärzte ohne Grenzen ist eine der wenigen Hilfsorganisationen, die trotz des verheerenden Krieges im Sudan weiter in Süd-Darfur präsent ist. Seit April vergangenen Jahres kämpfen die sudanesische Armee unter De-facto-Machthaber Abdel Fattah Burhan und die paramilitärischen RSF-Miliz um die Macht. Diese wird von Mohamed Hamdan Daglo - häufig Hemeti genannt - kontrolliert.
Im Darfur-Konflikt Anfang der 2000er-Jahre kämpfte die RSF, damals noch als Dschandschawid bekannt, auf Seiten der Regierung des nordostafrikanischen Landes. Der Miliz unter Hemetis Führung wurden schwerwiegende Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Burhan und Hemeti waren zunächst verbündet, bevor der Bruch zwischen den beiden Männern den Sudan ins Chaos riss.
Dramatische Lage in Darfur
Auch im derzeitigen Konflikt ist die Lage in Darfur im Westen des Sudan besonders dramatisch: Ethnische Konflikte sind wieder aufgebrochen, es gibt Berichte über Massenhinrichtungen und Vergewaltigungen. Amnesty International wirft den Konfliktparteien im Sudan zahlreiche Menschenrechtsverletzungen und sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen vor. Die Vereinten Nationen (UN) warnen vor einem drohenden Völkermord.
Der Konflikt hat die nach UN-Angaben weltweit größte Flüchtlingskrise ausgelöst. Mehr als zehn Millionen Menschen wurden vertrieben oder flohen, viele von ihnen mehrfach.
Akute Hungersnot
Laut der UN hungern mehr als 26 Millionen Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung. Im Flüchtlingslager Zamzam in Nord-Darfur, in dem mehr als 400.000 Menschen leben, wurde die Schwelle zur Hungersnot überschritten, wie eine Gruppe von Experten Anfang August berichtete. Die Feststellung einer Hungersnot bedeutet, dass Menschen nachweislich an Hunger und damit zusammenhängenden Krankheiten gestorben sind.
Ärzte ohne Grenzen schätzte Anfang des Jahres, dass im Zamzam-Camp jede Stunde zwei Kinder sterben. In Süd-Darfur untersuchte die Hilfsorganisation nach eigenen Angaben fast 30.000 Kinder unter zwei Jahren im August auf Mangelernährung - jedes Dritte war akut mangelernährt. Damit liegen die Werte weit jenseits der 15 Prozent, die die Weltgesundheitsorganisation als Notlage definiert.