Maroder Flugzeugträger Brasilien versenkt Schiff voller Giftstoffe
Monatelang war ein maroder Flugzeugträger voller Giftstoffe im Atlantik herumgeirrt. Nun ließ Brasilien das alte Kriegsschiff "kontrolliert" versenken. Umweltschützer sehen darin Verstöße gegen mehrere internationale Verträge.
Ungeachtet der Proteste von Umweltschützern hat Brasilien einen maroden Flugzeugträger im Atlantik versenkt. Das sechs Jahrzehnte alte ausgemusterte Kriegsschiff sei am Nachmittag (Ortszeit) etwa 350 Kilometer vor der Küste des Landes "kontrolliert" versenkt worden, teilte die brasilianische Marine mit. An dem ausgewählten Ort betrage die Meerestiefe rund 5000 Meter.
Die Ankündigung Brasiliens, das frühere Kriegsschiff zu versenken, hatte zu heftigen Protesten geführt. Aus dem Verteidigungsministerium in Brasília hieß es, für die Versenkung sei die "sicherste Gegend" gewählt worden. Umweltorganisationen sprachen hingegen von einem "Umweltvergehen" und der Gefahr "unermesslicher Schäden" für Ökosysteme im Meer und Bewohner von Küstenregionen. Robin Wood bezeichnete den Flugzeugträger als "30.000 Tonnen schweres Giftpaket".
Tonnenweise Asbest und Farben
Auch die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft hatte eine Vielzahl von Gerichtsverfahren angestrengt, um die Versenkung des 266 Meter langen Schiffs noch zu verhindern. Noch in dieser Woche hatte die Behörde erklärt, der Flugzeugträger enthalte derzeit "9,6 Tonnen Asbest" sowie andere gefährliche Materialien. Das Schiff stand unter dem Namen "Foch" 37 Jahre lang in den Diensten der französischen Marine. Im Jahr 2000 wurde es von Brasilien gekauft und in "São Paulo" umbenannt.
Die Nichtregierungsorganisation Basel Action Network hatte den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva aufgefordert, die "gefährliche" Versenkung sofort zu stoppen. Lula hatte vor seinem Amtsantritt Anfang Januar eine umweltpolitische Kehrtwende im Vergleich zu seinem rechtsradikalen Vorgänger Jair Bolsonaro versprochen.
Organisationen: Verstoß gegen internationale Verträge
Nach der Versenkung veröffentlichten das Basel Action Network und die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Sea Shepherd eine gemeinsame Erklärung, in der sie Brasilien vorwerfen, drei internationale Verträge verletzt und der Meeresumwelt sowie Küstenbewohnern "unermesslichen" Schaden zugefügt zu haben. Es hätte "umweltpolitisch verantwortungsvolle" Alternativen zur Versenkung gegeben, erklärte Leandro Ramos, Programmdirektor von Greenpeace Brasilien.
Türkei zog Einlaufgenehmigung zurück
Ursprünglich sollte das Schiff zum Abwracken in die Türkei geschleppt werden, doch als es auf der Höhe von Gibraltar war, zogen die türkischen Behörden die Einlaufgenehmigung zurück.
Brasilien ließ den Flugzeugträger zurückkehren - trotz oder wegen der festgestellten "Verschlimmerung der Schäden" am Schiffsrumpf - aber in keinen Hafen einlaufen. Nachdem das Schiff mehrere Monate vor dem Hafen von Suape im Nordosten Brasiliens lag, drohte die türkische Werft, es aufzugeben und führerlos in brasilianischen Gewässern zurückzulassen.
Kontrolliertes statt unkontrolliertes Absinken
Die brasilianische Umweltbehörde Ibama, die für die Einhaltung der Basler Übereinkunft zur grenzüberschreitenden Entsorgung gefährlicher Abfälle zuständig ist, rief die brasilianische Marine auf einzuschreiten. Bereits vor zwei Wochen hatte die Marine mitgeteilt, dass sie das Schiff im Atlantik abgeschleppt habe.
Angesichts des schlechten Zustandes und des "erhöhten Risikos" für die Umwelt, betonte die Marine, dass das Schiff nicht mehr in einen brasilianischen Hafen oder auch nur in brasilianische Hoheitsgewässer dürfe. Marine und Verteidigungsministerium entschieden daraufhin, das Schiff versenken zulassen. Das Risiko, dass es sonst unkontrolliert untergehe, sei einfach zu groß. Zuvor war eine Klage der brasilianischen Staatsanwaltschaft gegen die Pläne von einem Gericht des Bundesstaats Pernambouc zurückgewiesen worden.