Flatiron Building Ein historisches Stück New York erneut unter dem Hammer
Das legendäre "Bügeleisen-Gebäude" in New York soll im zweiten Anlauf versteigert werden. Das Gebäude war Ende März bei einer Auktion für 190 Millionen Dollar versteigert worden. Die Anzahlung wurde aber nicht fristgerecht übergeben.
Das Flatiron-Building gehört zum touristischen Pflichtprogramm. Auch wenn es derzeit leer steht, ist es ein Wahrzeichen New Yorks. Doch das war nicht immer so: 1902, als das Gebäude nach einer Rekordbauzeit von gut einem Jahr eingeweiht wurde, waren die Kritiker gespalten, erzählt der Architektur-Historiker Andrew Dolkart von der New Yorker Columbia University:
Die New York Times schrieb damals von einem ungeheuerlichen Monstrum. Die kommunale Art Society, die sich die Stadtverschönerung auf die Fahnen geschrieben hatte, sprach davon, dass es unverzeihlich sei, ein solches Gebäude in einer modernen Stadt zu bauen. Aber die Öffentlichkeit liebte das Gebäude von Anfang an, weil es so herausragend war, schon wegen der ungewöhnlichen Form."
Diese Form, die in der Tat an ein gewaltiges altmodisches Dampfbügeleisen erinnert - oder auch an einen Schiffsrumpf - ist dem ungewöhnlichen Grundstück geschuldet. Durch den quer verlaufenden Broadway ergibt sich zwischen 22. und 23. Straße sowie 5th Avenue ein extrem spitzwinkliger Grundriss. An der schmalsten Stelle ist das Gebäude gerade mal zwei Meter breit, aber 91 Meter hoch.
Die New Yorker nennen das Dreiecks-Gebäude in Manhattan Flatiron Building - hier eine Ansicht von 1906.
Ein typisches New Yorker Gebäude
"Als das Flatiron Building gebaut wurde, waren Wolkenkratzer noch eine ziemlich radikale und umstrittene Idee. Genauso umstritten wie die Frage, wie ein hohes Bürogebäude aussehen sollte", sagt Dolkart. In Chicago hatte sich die Idee eines neuen Architekturstils durchgesetzt, der das neuartige Gebäude widerspiegelte. In New York hat man die klassischen Architekturstile auch für die Hochhäuser verwendet: "Und so ist das Flatiron Buildung mit seinen Renaissance-Ornamenten ein typisches New Yorker Gebäude. Ironischerweise ist der Architekt Daniel Burnham allerdings aus Chicago - trotzdem hat es diesen New Yorker Look."
Die Botschaft des russischen Kaiserreichs
Die ersten Mieter waren ein illustres Sammelsurium: Kleinunternehmer, Zeitschriften- und Musikverleger, die Botschaft des russischen Kaiserreichs und nicht zuletzt "Murder Incorporated" - eine Art Agentur für Auftragsmorde, die für Hunderte Todesfälle in New York verantwortlich sein soll.
"1902 war das eine sehr lebendige Gegend und damit auch attraktiv für Geschäfte. Direkt neben dem Flatiron Building war die sogenannte Ladies Mile mit vielen Warenhäusern. Vieles ist dann aber weiter uptown gezogen. Die Gegend war nicht gerade die sexieste Ecke New Yorks", erzählt Dolkart.
Das Flatiron Gebäude in Manhattan im Jahre 1937.
Als Eigentum in New York noch günstig war
Alice Sparberg Alexiou hat ein Buch über das Flatiron Building geschrieben, das auch ein Teil ihres Lebens ist. Ihrem Großvater - ein ungarischer Jude, der 1914 nach New York kam - gehörte ein Teil des Gebäudes. "Als er 1946 mit seinen Partnern das Gebäude gekauft hat, war der Immobilienmarkt am Boden. Es war Rezession. Die gesamte Kriegsindustrie war geschlossen worden. Die ganzen Soldaten kamen nach Hause. Man konnte in New York Eigentum günstig kaufen - das klingt heute wie ein Witz", erzählt sie.
Treffpunkt für Männer
Wie ein Witz klingt auch die Geschichte, dass das Flatiron Building in dieser Zeit beliebter Treffpunkt für Männer war, die Frauen unter den Rock gucken wollten. "Durch die Bauweise entsteht eine Art Windtunnel. In dieser Zeit trugen die Frauen lange Kleider. Und wenn Frauen dann am Flatiron Building entlangliefen, konnte es sein, dass ihre Röcke hochgeweht wurden."
Ein Motiv übrigens, dass sich auf vielen Souvenir-Postkarten aus dieser Zeit wiederfindet. Männer mussten regelmäßig von der Polizei verscheucht werden.
Das Flatiron Buildung ist mit seinen Renaissance Ornamenten ein typisches New Yorker Gebäude.
Klappernde Heizung, undichte Fenster
Als ihre Familie vor einiger Zeit die Anteile am Gebäude verkaufte, entschloss sich die ehemalige Lehrerin und Journalistin, das Buch zu schreiben. Erschienen ist es im Verlag St. Martin's Press, der vor 60 Jahren ins Flatiron Building einzog und nach dem Aufkauf durch die Macmillan Gruppe nach und nach das gesamte Gebäude übernahm.
Historiker Dolkart erzählt: "Macmillan war noch bis vor Kurzem in dem Gebäude. Aber die Büros waren schon seltsam geschnitten. Die Fenster waren undicht. Die Heizung klapperte. Und dann hat man sich entschieden, dort auszuziehen."
Die Bestseller-Autorin Louise Penny sagte der New York Times: "Hinter der atemberaubenden und berühmten Fassade verbarg sich ein Kaninchenstall - manche würden auch sagen ein Rattennest."
Legendär sind auch die von Wassersäulen getriebenen Original-Aufzüge, die bis vor wenigen Jahren im Einsatz und so langsam waren, dass Verlagschef Sargent drohte, sich aus dem Fenster seines Büros abzuseilen, weil es ihm bis zum Erdgeschoss nicht schnell genug ging.
Zuschlag für 190 Millionen Dollar
In den vergangenen Jahren ist das Flatiron Building entkernt und grundsaniert worden. Weil sich die fünf Eigentümer nicht einigen konnten, wie es mit dem Gebäude weitergehen soll, hatte ein Richter die Versteigerung angeordnet. Im März bekam der Vertreter eines Investmentfonds für 190 Millionen Dollar den Zuschlag - versäumte es jedoch, rechtzeitig eine Anzahlung zu leisten. Deshalb kommt das legendäre Gebäude heute erneut unter den Hammer.