Nach Stichwahl in Guatemala Arévalos Sieg bestätigt - Arbeitsverbot für seine Partei
In Guatemala droht eine Staatskrise: Zwar erklärte die Wahlbehörde den linken Kandidaten Arévalo zum Sieger der Präsidentenwahl. Parallel erhielt seine Partei aber ein vorläufiges Arbeitsverbot. Die Folgen sind noch völlig unklar.
Nach der Stichwahl um das höchste Staatsamt droht Guatemala eine Krise, die die Demokratie des zentralamerikanischen Landes auf die Probe stellt. Zwar bestätigte das Oberste Wahlgericht den Sieg des linken Präsidentschaftskandidaten Bernardo Arévalo mit 60,9 Prozent der Stimmen.
Damit ist der Wahlausgang allerdings noch lange nicht entschieden. Denn Arévalos Partei wurde kurz vor der Verkündung des Endergebnisses auf Antrag eines Richters vorerst suspendiert. Eine Behörde des Wahlgerichts entschied, die Movimiento Semilla (Bewegung Saatkorn) wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten bei ihrer Gründung den rechtlichen Status vorerst zu entziehen.
Arévalos Partei will in Berufung gehen
Ein Anwalt der Partei bestätigte der Nachrichtenagentur AP das erfolgte Arbeitsverbot. Die Movimiento Semilla hat nun drei Tage Zeit, die Entscheidung der Wahlregistrierungsbehörde anzufechten. Ob Arévalo als Parteivorsitzender angesichts der verwirrenden Ausgangslage wie geplant Mitte Januar sein Amt antreten kann, gilt als ungewiss. Unklar ist auch, was die Entscheidung für die Abgeordneten der Partei bedeutet, die im ersten Wahlgang im Juni gewählt wurden.
Arévalo bezeichnete das vorläufige Arbeitsverbot für seine Partei als rechtlich ungültig und kündigte an, die Partei werde dagegen in Berufung gehen. "Nach aktuellem Stand kann mich niemand daran hindern, am 14. Januar das Amt anzutreten", ergänzte Arévalo. Im Berufungsverfahren würde sich mit dem Fall seiner Partei Guatemalas Oberstes Wahlgericht befassen, das nun seinen Wahlsieg bestätigt hat.
Ermittlungen seit der Stichwahl
Arévalo ist der Sohn des früheren Präsidenten Juan José Arévalo und war in Guatemala kaum bekannt, bis er aus der ersten Runde der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen Ende Juni zur Überraschung der etablierten Kräfte als Spitzenreiter hervorging. Da er die absolute Mehrheit verfehlte, ging es am 20. August in die Stichwahl gegen die frühere First Lady Sandra Torres.
Kurz nachdem der 64-Jährige im ersten Wahlgang in die Stichwahl eingezogen war, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft, sie prüfe, ob seine Movimiento Semilla bei ihrer Gründung Jahre zuvor Unterschriften gefälscht habe.
Wahlverliererin Torres spricht von Betrug
Im zweiten Wahlgang setzte sich Arévalo mit 60,9 Prozent der Stimmen durch, Torres kam auf 37,2 Prozent, wie aus dem offiziellen Ergebnis hervorgeht. Die Wahlverliererin hat ihre Niederlage indes noch immer nicht eingestanden. Sie wirft Arévalo Wahlbetrug vor. Ihre Partei Unidad Nacional de la Esperanza (Nationale Einheit der Hoffnung), die sich als sozialdemokratisch versteht, hat die Stimmenauszählung angefochten.
Im Wahlkampf hatte sich Arévalo mit seinem Eintreten für sozialen Fortschritt und einer Kampfansage gegen die grassierende Korruption den Rückhalt vieler Bürger gesichert. Haftbefehle gegen Amtsträger sowie Razzien in der Zentrale von Movimiento Semilla haben unter Anhängern der Partei und in der internationalen Gemeinschaft Sorge ausgelöst.
Berichte über Mordkomplott
Arévalo soll am 14. Januar als Nachfolger des konservativen Präsidenten Alejandro Giammattei das Amt antreten. Zuletzt hatte sein Team berichtet, es gebe Attentatspläne gegen ihn. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte mit Sitz in Washington forderte die Regierung Guatemalas auf, dringende Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, um Arévalo besser zu schützen. Der scheidende konservative Amtsinhaber Alejandro Giammattei hat sich bisher nicht zu dem Aufruhr rund um seinen gewählten Nachfolger geäußert.