Michel Patrick Boisvert (M.) mit Mitgliedern des Übergangsrates

Übergangsrat vereidigt Neustart in Haiti gegen die Bandengewalt

Stand: 25.04.2024 21:05 Uhr

In Haiti ist ein präsidialer Übergangsrat vereidigt worden. Er soll den von Gewalt und Naturkatastrophen gebeutelten Karibikstaat aus seiner Dauerkrise führen. Ministerpräsident Henry ist planmäßig zurückgetreten.

Nach der Amtseinführung eines Übergangspräsidialrats in Haiti ist der zwischenzeitlich amtierende Ministerpräsident Ariel Henry zurückgetreten. Seine Nachfolge tritt übergangsweise der bisherige Finanzminister Michel Patrick Boisvert an, wie haitianische Medien berichteten.

Kurz zuvor waren im Präsidentenpalast in der Hauptstadt Port-au-Prince die neun Mitglieder des Übergangsrats vereidigt worden. Der Rat soll eine neue Übergangsregierung ernennen und den Weg hin zu den ersten Wahlen in Haiti seit 2016 ebnen. Außerdem soll er eine vom UN-Sicherheitsrat genehmigte multinationale Sicherheitsmission in dem Karibikstaat unterstützen.

Übergangsrat will provisorische Wahlkommission ernennen

Der Rat setzt sich aus Vertretern verschiedener Gruppen aus Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Religion zusammen - sieben der Mitglieder sind stimmberechtigt. Die Schaffung des Rats war am 11. März bei einem Treffen der Karibischen Gemeinschaft Caricom in Jamaika als Ausweg aus der schweren Staats- und Sicherheitskrise in Haiti vereinbart worden. Seitdem war über seine Zusammensetzung verhandelt und gestritten worden.

Der Übergangsrat wird auch eine provisorische Wahlkommission ernennen - eine Voraussetzung für Wahlen - und einen nationalen Sicherheitsrat einsetzen. Das Mandat des Rates läuft am 7. Februar 2026 aus und kann nicht verlängert werden. Bis dahin soll ein neuer Präsident vereidigt sein.

USA schicken Ausrüstung für Polizei

Henry hatte angekündigt zurückzutreten, sobald der Rat steht. Der Neurochirurg regierte seit kurz nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021. Wegen der heftigen Gewalt mächtiger Banden, die Henrys Rücktritt forderten, kehrte er von einer Auslandsreise Ende Februar nicht zurück.

Die US-Regierung begrüßte die Einsetzung des Übergangsrats. Mit der Vereidigung seiner Mitglieder sei ein "entscheidender Schritt auf dem Weg zu freien und fairen Wahlen" getan worden, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.

Um die Kapazitäten der haitianischen Polizei zu stärken, hätten die USA eine erste Lieferung mit Ausrüstung auf den Weg gebracht. Die USA seien weiterhin entschlossen, die von Haiti geführten Bemühungen um die Wiederherstellung von Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit zu unterstützen, sagte Kirby. 

Ärmste Land der westlichen Hemisphäre

Schon vor der jüngsten Eskalation kontrollierten nach UN-Angaben bewaffnete Gruppen etwa 80 Prozent von Port-au-Prince. Mehr als 1.500 Menschen wurden in den ersten drei Monaten des Jahres getötet, etwa 95.000 innerhalb eines Monats aus der Hauptstadtregion vertrieben. Eine bereits bestehende Hungerkrise verschärfte sich. Alle Linienflüge fielen aus, ausländische Diplomaten und Bürger wurden aus Haiti evakuiert.

Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Es wurde in den vergangenen Jahren auch immer wieder von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen erschüttert.

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