Kleine Antillen Hurrikan "Beryl" wütet in der Karibik
Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 260 Kilometern pro Stunde ist der Hurrikan "Beryl" in der Karibik unterwegs. Auf der Inselgruppe Kleine Antillen traf er auf Land. Mindestens ein Mensch wurde getötet, etliche Häuser wurden zerstört.
Der Hurrikan "Beryl" ist als erster gefährlicher Wirbelsturm der Saison auf den Kleinen Antillen auf Land getroffen. Er traf am Montagvormittag (Ortszeit) als Hurrikan der Kategorie 4 über der zu Grenada gehörenden Insel Carriacou auf Land, wie das US-Hurrikanzentrum NHC mitteilte. Von Carriacou und Petite Martinique werde Verwüstung mit umfangreichen Schäden an Häusern gemeldet, sagte Grenadas Ministerpräsident Dickon Mitchell in einem Briefing.
Der Sturm zertrümmerte Dächer, Fenster und Türen, zerriss Bananenstauden und tötete Kühe auf der Weide. Von den Inselstaaten St. Lucia bis Grenada waren die Straßen mit Schuhen, Bäumen, heruntergerissenen Stromleitungen und anderen Trümmern übersät. Der Strom sei überall ausgefallen, die Kommunikation zwischen den Inseln schwierig. Ein Todesfall sei bislang registriert worden - dieser sei passiert, als ein Baum auf ein Haus gestürzt sei. Inzwischen wurde der Hurrikan auf die höchste Kategorie 5 hochgestuft. Am späten Abend (Ortszeit) wurden laut NHC anhaltende Windgeschwindigkeiten von bis zu 260 Kilometern pro Stunde gemessen.
"Da hilft nur noch beten"
Es wird erwartet, dass "Beryl" knapp südlich an Jamaika vorbeizieht und am Donnerstag Mexiko erreicht. Dort könnte er an der Ostküste auf die Halbinsel Yucatán mit den viel besuchten Badeorten Cancún und Playa del Carmen treffen. Dem Hurrikan-Warnzentrum zufolge sind lebensbedrohlichen Windböen und Sturmfluten möglich.
Hurrikan-Warnungen gelten für Jamaika, Barbados, St. Lucia, Tobago sowie St. Vincent und die Grenadinen. Eine Tropensturmwarnung ist darüber hinaus für Martinique und Trinidad in Kraft. In Grenada mussten Patienten eines Krankenhauses in tiefere Stockwerke gebracht werden, nachdem der Sturm das Dach demoliert hatte. "Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden noch größer wird", sagte Mitchell. Da helfe nur noch beten.
Warnungen für viele Inseln
Neben Grenada erlebten mehrere weitere Inselstaaten der Kleinen Antillen starken Wind und heftigen Regen, darunter St. Vincent und die Grenadinen sowie St. Lucia. Auf Bildern in sozialen Medien sind Überschwemmungen, sich im Wind biegende Palmen und Trümmer beschädigter Häuser zu sehen. Das NHC warnte vor extrem gefährlichen Bedingungen mit lebensgefährlichem Wind und Sturmfluten.
"Wenn dieser Hurrikan wie vorhergesagt auf uns trifft, werden wir viele Verluste und Schäden erleiden, sowohl für einzelne Familien als auch für das ganze Land", sagte der Premierminister von St. Vincent und den Grenadinen, Ralph Gonsalves, in einer Ansprache an die Nation. "Möge Gott uns alle leiten und beschützen", teilte der Premierminister von St. Lucia, Philip Pierre, auf Facebook mit und rief einen nationalen Stillstand aus.
Historisch starker Hurrikan
Wetterexperten sprachen bereits von einem historischen Hurrikan. Im Juni habe sich so weit östlich im Atlantik seit 1933 kein Hurrikan mehr gebildet, sagte Hurrikanforscher Philip Klotzbach von der Colorado State University. "Beryl" habe nur 42 Stunden gebraucht, um sich zu entwickeln. Die ungewöhnlich hohen Wassertemperaturen im Atlantik ließen ihn erstarken, noch bevor er in die warme Karibik gelangte.
Die Wassertemperatur im Atlantik sei derzeit so hoch wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen zu diesem Zeitpunkt im Jahr, sagte Experte Brian McNoldy von der Universität von Miami. "Beryl ist nun der früheste atlantische Hurrikan der Kategorie vier in den Aufzeichnungen und übertrifft damit Hurrikan Dennis, der am 8. Juli 2005 zu einem Hurrikan der Kategorie vier wurde", schrieb der Hurrikan- und Sturmflutexperte Michael Lowry auf der Plattform X.
Erderwärmung erhöht Gefahr starker Stürme
Die Hurrikan-Saison über dem Atlantik könnte daher nach Einschätzung der US-Wetterbehörde in diesem Jahr ungewöhnlich stark ausfallen. Ursachen seien unter anderem überdurchschnittlich hohe Wassertemperaturen im Atlantik und das erwartete Einsetzen von "La Niña", einer Phase kühleren Wassers im Pazifik.
Tropische Wirbelstürme entstehen über warmem Ozeanwasser. Die Erderwärmung erhöht die Wahrscheinlichkeit starker Stürme. Oft legen Wirbelstürme bei ihrem Zug über das Meer an Stärke zu. Über Land verlieren sie schnell ihre Kraft, da der Nachschub feuchtwarmer Luftmassen fehlt. Hurrikane und Tropenstürme im Atlantik und östlichen Pazifik werden jedes Jahr nach alphabetischen Listen benannt. Der schon extrem starke "Beryl" ist also erst der zweite Sturm der Saison, die im Atlantik am 1. Juni und im Pazifik am 15. Mai beginnt. Von einem Hurrikan spricht man ab Windgeschwindigkeiten von 119 Kilometern pro Stunde, die höchste Kategorie - fünf - beginnt bei 251 Kilometern pro Stunde.