Corona-Pandemie Stille über New Yorks Kunstszene
Auch in New York sind Theater, Opernhäuser und Kinos wegen der Pandemie geschlossen. Künstler mussten die Stadt verlassen, weil sie ihre Miete nicht zahlen konnten. Manche begaben sich auf neue Wege.
"Wenn ich durch das Theaterviertel laufe, ist das so merkwürdig. Wie eine Geisterstadt", sagt Broadway-Künstler Kevin Smith Kirkwood. "I call it crazy" ( "Ich nenne es verrückt").
Im vergangenen Jahr stand er noch auf der Bühne - im Chor des Musicals "Kinky Boots". Im März gingen der Ton aus und das Licht. "Niemand hat die Theater so lange dunkel gesehen. Das ist verrückt."
100.000 Jobs am Broadway betroffen
Mehr als 40 große Broadway Theater hat Corona lahmgelegt. Nicht mitgezählt die vielen anderen außerhalb der Glitzermeile. Allein am Broadway hängen etwa 100.000 Arbeitsplätze an den Shows: Bühnenarbeiter, Taxifahrer, Restaurants.
Da könne er jetzt auch nicht mehr jobben, sagt der Tänzer: "Ich lebe seitdem von der Arbeitslosenhilfe und meinen kleinen Ersparnissen von Kinky Boots", sagt Kirkwood.
Viele können Miete nicht mehr zahlen
Vielen Künstler-Kollegen gehe es noch schlimmer. Sie mussten New York verlassen, weil sie ihre Miete nicht mehr zahlen konnten. Verbunden blieben sie trotzdem. Sie seien eine Familie.
Frühestens im Mai soll die erste Show wieder öffnen. Doch die Theater haben rund eineinhalb Milliarden Dollar an Einnahmen verloren. Teure Produktionen lohnen sich für die meisten erst, wenn die Häuser wieder ausverkauft werden dürfen.
Die Pandemie hat mehr als 40 große Theater am Broadway lahmgelegt.
Geisterhafte Stille beklagt auch der Chef der Metropolitan Opera, Peter Gelb. Die Nachricht, dass das größte Opernhaus der USA erst im September seine erste Bühnenvorstellung gibt, war ein böses Signal für die Kulturschaffenden des Landes.
"Besucher sind jetzt aufmerksamer"
Für manche hingegen gab es bereits schöne Momente. Max Hollein, Direktor des Metropolitan Museum of Art (MET), gehört dazu: "Ein hoch emotionaler Moment war für mich, als in der großen MET-Eingangshalle, die so lange leer stand, der große Blumenschmuck wiedergekommen ist."
Mit anderen Großen wie MoMa und Guggenheim durfte das Museum am Central Park im Oktober wieder öffnen. Allerdings nur für ein Viertel der Besucher. Hollein sieht nicht nur die Krise, sondern auch das Bereichernde: "Die Besucher, die jetzt wiederkommen, haben gemerkt - gerade in der Zeit, in der sie das MET nicht besuchen konnten - was das Museum eigentlich für sie bedeutet. Und insofern sind die Besucher jetzt noch viel aufmerksamer, noch viel intensiver dabei, wenn sie durch unsere Galerien gehen."
Neues Publikum erreicht
An der Krise sei sein Museum auch gewachsen. Man habe durch das virtuelle Angebot ein neues Publikum erreicht. Und mit ihm viele neue Formen der Interaktion kennengelernt.
Hollein meint: "Das Museum hat sich de facto erweitert, weiterentwickelt, expandiert in dieser Zeit. Sie werden einen viel breiteren Aktionsradius vorfinden - auch wenn wir dann vollkommen wieder geöffnet sind."
Comedy-Show aus dem Wohnzimmer
Es ist die Kunst, weiter zu lachen, sagt Comedian Tyler Fischer. Als im März der Lockdown kam, brach ihm der Boden weg: "Ich hatte einen kompletten Zusammenbruch."
Als Comedian verdiente er so viel, wie er Shows hatte. "Ich werde nach jeder Show in Cash bezahlt. Ich dachte: Oh mein Gott. Wenn die Leute nicht zusammenkommen können, können sie nicht in die Clubs. Kein Geld, keine Miete - das war hart."
Fischer ging neue Wege, nahm Kontakt mit einem Comedy-Club auf und bat: "Gebt mir Euren Instagram-Account für einen Abend. Ich mache eine Show aus meinem Wohnzimmer, ich lasse es aussehen wie einen Club und bringe ein paar Comedians virtuell zusammen. So halten wir die Comedy am Laufen."
Das tut er bis heute: und zwar in Open-Air- und Zoom-Shows, auf Dächern und in Vorgärten. "Die New Yorker sind tough", sagt Fischer. "Wir finden immer einen Weg. Und nach fünf Monaten fühlte sich alles völlig normal an." Vielleicht nicht ganz normal, räumt er ein. Und er hofft auf das Frühjahr und die Impfkampagnen.
In der Comedy müssen die Leute zusammengequetscht sitzen, damit sich die Lacher ausbreiten. Und das werden sie tun, sagt der Comedian. Und er meint es durchaus ernst.