Wahlchaos im US-Repräsentantenhaus Wer sind die Abweichler?
Eine Gruppe von 20 republikanischen Abgeordneten des rechtsextremen Flügels gibt sich kompromisslos und verweigert Kevin McCarthy die Wahl zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses. Wer sind sie - und was wollen sie?
Ja, es sei chaotisch, was da gerade im Abgeordnetenhaus passiert, das räumen die Republikaner ein. Aber, rief Mike Gallagher, Abgeordneter aus Wisconsin, ins Mikrofon: "Die Demokratie ist chaotisch, absichtlich!"
Und geht es nach einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen, vorwiegend aus dem rechtsextremen Lager, wird es chaotisch bleiben. Denn sie wollen keinen starken Vorsitzenden, sondern selber möglichst viel mitreden.
"Konservativer Hitzkopf" schießt gegen McCarthy
"Wenn man den Sumpf trockenlegen will, darf man nicht den größten Alligator zum Chef der Übung machen": Mit diesem Satz hat es Matt Gaetz gerade in jede Nachrichtensendung geschafft. Mit dem Alligator meint er Kevin McCarthy, den Gaetz offenbar für korrupt hält.
Gaetz, 40 Jahre alt, aus Florida, wird in US-Medien gerne als konservativer Hitzkopf bezeichnet, was eine freundliche Umschreibung ist. Gaetz ist laut und extrem. Er glaubt, jeder habe das Recht, sein Anwesen mit der Waffe zu verteidigen. Er behauptet, bei der Wahl 2020 sei betrogen worden und er wurde von Donald Trump unterstützt.
Trumps Unterstützung für McCarthy ändert wenig
Dieses Verhältnis könnte sich gerade ändern. Der Mann, der 2024 wieder Präsident werden will, hat die Republikaner nachdrücklich dazu aufgefordert, McCarthy zu unterstützen. Das sei die schlechteste Personalentscheidung, die Trump je getroffen habe, twitterte Gaetz daraufhin.
Und seine Parteifreundin Lauren Boebert sagte im Kapitol, andersherum wäre es richtig. Der Präsident - sie meint Trump - müsse McCarthy sagen, dass er nicht die nötigen Stimmen habe und sich zurückziehen müsse. Dafür gab es Buhrufe im Saal.
Auch Boebert, Abgeordnete aus Colorado, macht im Abgeordnetenhaus durch extreme Initiativen von sich reden. Auf einer Weihnachtskarte posierten die 36-Jährige und ihre Kinder mit Waffen, sie ist gegen das Tragen von Anti-Corona-Masken und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Außerdem möchte die vierfache Mutter die Kirche über den Staat stellen. Obwohl sie im Lager der extremen Trump-Fans sehr beliebt ist, war ihre Wiederwahl im Herbst sehr knapp.
"Freedom Caucus" will weniger Regierungseinfluss
Boebert und Gaetz gehören zum "Freedom Caucus", einem Zusammenschluss der rechtskonservativsten Abgeordneten innerhalb der Republikaner. 19 der 20, die gegen Kevin McCarthy gestimmt haben, sind dieser "Freiheitsfraktion" verbunden, auch Byron Donalds. Der 44-jährige Abgeordnete aus Florida beginnt gerade seine zweite Amtszeit und wurde gestern in die erste Reihe gerückt, als Gegenkandidat zu McCarthy. Seine Botschaft: Zu lange sei in dieser Stadt zu viel auf Zuruf geschehen. Und das sei nicht gut für das amerikanische Volk, so Donalds gestern bei CNN.
Er und viele andere wollen, dass die Bundesregierung in Zukunft keine Schulden mehr macht und überhaupt an Einfluss verliert. Im Gegenzug soll der Kongress und sollen vor allem die Abgeordneten stärker werden, auch gegenüber ihrem Vorsitzenden. So wollen sie künftig nicht mehr große Gesetzespakete, sogenannte Omnibusse, sondern lieber einzelne Entwürfe zur Abstimmung bringen.
Kompromissloser rechter Flügel
In ihren Forderungen ist diese Gruppe so kompromisslos, dass es selbst Kollegen aus dem "Freedom Caucus" zu viel ist, Jim Jordan etwa, dem ersten Vorsitzenden des "Caucus". "Die Unterschiede, die wir haben mögen, verblassen im Vergleich zu den Unterschieden zwischen uns und der Linken, die nun unglücklicherweise die andere Partei kontrolliert", rief er im Parlament.
Egal, wer am Ende Vorsitzender des Abgeordnetenhauses wird: Der rechtsextreme Flügel wird ihm oder ihr das Leben schwer machen.