Zwischenwahlen in den USA Gesichter von Sieg und Niederlage
Ein Hüne im Hoodie, ein einstiger Trump-Gegner, mögliche Anwärter auf eine Präsidentschaftskandidatur bei Republikanern und Demokraten: Diese Politiker prägten den Wahlabend in den USA.
Arkansas: Sarah Huckabee Sanders
Sarah Huckabee Sanders' Sieg bei der Gouverneurswahl in Arkansas war wenig überraschend und mit 63 Prozent mehr als deutlich. Überregionale Aufmerksamkeit bekam die Wahl in dem südlichen Bundesstaat vor allem wegen der Person Huckabee Sanders - sie war in den turbulenten ersten beiden Jahren der Präsidentschaft Trumps seine Sprecherin.
Ihr Verhältnis zu den Medien war - wie das ihres Vorgesetzten - von Anfang an gespannt und zunehmend gereizt. Im März 2019 stellte sie schließlich die regulären Pressekonferenzen ein. Drei Monate später gab sie ihren Posten auf und zog sich in ihren Heimatstaat zurück. Nun übernimmt sie nach einem millionenschweren Wahlkampf einen Posten, den bereits ihr Vater Mike innehatte.
Huckabee Sanders mied in Washington zuletzt die Medien - in ihrem neuen Amt wird sie eine andere Art der Kommunikation pflegen müssen.
Florida: Ron DeSantis
Ron DeSantis gewinnt die Gouverneurswahl - das ist in den USA die weniger spannende Nachricht. Sein Erfolg war allseits erwartet worden. Für politische Beobachter viel elektrisierender ist die Frage, was nach dem Sieg des Republikaners geschieht.
Würde Trump nicht weiter auf eine Rückkehr ins Präsidentenamt hoffen - der Rechtspopulist DeSantis wäre der wahrscheinliche Kandidat der Republikaner und dürfte sich große Hoffnungen auf das Weiße Haus machen. Denn DeSantis ist deutlich jünger als Trump und muss sich nicht mit zahlreichen Ermittlungsverfahren herumschlagen.
Das alles weiß aber auch Trump und sieht in ihm mehr einen Konkurrenten als einen Verbündeten. Und so verfolgt die Öffentlichkeit seit Monaten, wie sich Trump und DeSantis belauern. Der Ex-Präsident dreht in den vergangenen Tagen an der Eskalationsschraube, verhöhnte den Gouverneur mit einem Wortspiel als "Ron Scheinheilig" und warnte ihn vor einer Präsidentschaftskandidatur - dann werde er, Trump, über DeSantis Dinge erzählen, die "wenig schmeichelhaft" seien.
Ob sich DeSantis davon beeindrucken lässt? In Florida jedenfalls entfaltet sich ein rechtspopulistisches Drama der ganz eigenen Art.
Ron DeSantis ist ehrgeizig - noch aber steht ihm Donald Trump im Weg.
Georgia: Raphael Warnock und Herschel Walker
Dieses Rennen bleibt vorerst offen. Raphael Warnock und Herschel Walker gehen wahrscheinlich am 6. Dezember in eine Stichwahl um den Senatsposten, da beide unter 50 Prozent lagen und ihnen ein unabhängiger Kandidat entscheidende Stimmen wegnahm. Dass es auf eine zweite Abstimmung hinauslaufen könnte, hatte sich in den Wochen zuvor abgezeichnet.
Überraschend daran war vor allem, dass Walker sich so gut in den Umfragen schlug. Denn der ehemalige Footballspieler war zwar als Sportler bekannt, hatte aber keine politische Erfahrung vorzuweisen. Dafür umso mehr Skandale.
Im Wahlkampf stellte sich der republikanische Kandidat an die Seite der Abtreibungsgegner - um dann von zwei Frauen beschuldigt zu werden, er habe sie zu Abtreibungen gedrängt und ihnen Geld dafür geboten. Auch wurde der Vorwurf häuslicher Gewalt gegen ihn erhoben, und sein Sohn distanzierte sich in einem vielbeachteten Video von seinem Vater.
Die republikanischen Wähler störte dies offenbar in dieser Abstimmung nicht entscheidend. Beobachter vertreten jedoch die Ansicht, dass der Zuspruch für Walker im eigenen Lager nachlassen könnte, wenn das Rennen um den Senat schon vor der Stichwahl entschieden ist.
Anders als Senator Warnock und der libertäre Kandidat Chase Oliver (links) wollte sich Walker einer Debatte nicht stellen - der demokratische Politiker wies auf diesen Zustand natürlich hin.
Georgia: Brian Kemp
Brian Kemp wurde in Georgia als Gouverneur bestätigt - damit könnte man es bewenden lassen. Doch der an sich erzkonservative Kemp ist bei den Republikanern mittlerweile in einer Hinsicht eine Ausnahme.
Ende 2020 widersetzte er sich der lautstarken Forderung Trumps, Wahlergebnisse in dem Bundesstaat anzufechten, auch wenn er als Innenminister des Bundesstaates das Wahlrecht zugunsten der Republikaner geändert hatte. Trump unterstützte deshalb bei den republikanischen Vorwahlen massiv einen anderen Kandidaten - ohne Erfolg.
Mit Kemp wurde Georgias oberster Wahlaufseher Brad Raffensperger im Amt bestätigt - ihn hatte Trump Anfang 2021 am Telefon erfolglos bedrängt, ein paar Tausend Stimmen aufzutreiben. Auch dieser Wahlausgang dürfte Trump wenig erbauen.
Gewiss kein Liberaler - doch in Sachen Wahlrecht war Kemp mit Trump über Kreuz.
Kalifornien: Gavin Newsom
Ein demokratische Kandidat wird als Gouverneur von Kalifornien bestätigt - so weit, so erwartbar. Gavin Newsom durfte also damit rechnen, weitere vier Jahre in Sacramento residieren zu können.
Doch wie bei DeSantis geht es bei Newsom schon längst nicht mehr nur um sein Wirken im Bundesstaat. Denn wenn es darum geht, wer sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bewerben könnte, fällt immer wieder sein Name. Newsom selbst hält sich bedeckt - alles andere hätte der Partei vor den Midterms auch erheblich geschadet.
Aber man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen: Es wird nicht mehr lange dauern, bis auch bei den Demokraten die Debatte über die Präsidentschaftskandidatur 2024 anhebt. Newsom könnte dann ein klares liberales Profil als Argument für sich ins Spiel bringen - er ist ein erklärter Gegner der Todesstrafe, tritt für ein liberales Abtreibungsrecht ein und befürwortet eine allgemeine Krankenversicherung.
Und sollte Alter ein Thema werden, müsste ihn das nicht schrecken: Newsom ist 54 Jahre alt.
Ohio: J.D. Vance
Die Geschichte von J.D. Vance dürfte so recht nach dem Geschmack von Donald Trump sein. Vance erlangte 2016 über die USA hinaus Aufmerksamkeit mit seinem internationalen Bestseller "Hillbilly Elegie". Die Geschichte meiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise". Darin beschrieb er die Nöte traditioneller, weißer Arbeiterfamilien, einen Niedergang, den er aus eigener Erfahrung kennt. Vance selbst kam dennoch im Tech-Sektor zu Reichtum.
Seine "Elegien" wurden 2016 als ein Buch wahrgenommen, das die beginnende Trump-Ära eindrücklich erklärte. Dabei hielt er damals nichts von Trump und kritisierte zum Beispiel dessen Äußerungen zu Migranten. Dann aber näherte sich Vance, wie so viele bei den Republikanern, Trump an.
Als er 2021 seine Kandidatur für den Senatsposten von Ohio erklärte, war aus dem "Never-Trumper" ein ausgesprochener "Trumpist" geworden, der sich an die Seite der radikalsten Mitglieder der Republikaner stellte. Das trug ihm die Unterstützung von Trump ein und machte aus einer anfangs für aussichtslos gehaltenen Kandidatur einen Erfolg.
Vance gewann in Ohio einen Sitz, der allerdings auch schon zuvor von den Republikanern gehalten worden war. Jedoch verzichtete Vance in seiner Dankesrede auf warme Worte in Richtung Trump, was der sich sicherlich merken dürfte.
Früher polterte JD Vance über Donald Trump - auf einer Wahlkampfveranstaltung in Ohio geben sie einander die Hand.
Pennsylvania: John Fetterman
John Fetterman ist in jeder Hinsicht eine Erscheinung. Der Mann misst 2,03 an Körperlänge, hat markante Tätowierungen und verzichtet häufig auf Anzug und Krawatte zugunsten eines Hoodies.
Der bisherige Vizegouverneur von Pennsylvania ist also kaum zu übersehen, doch der demokratische Bewerber auf den Senatsposten des Bundesstaats erlitt im Frühjahr einen Schlaganfall, der ihn sichtlich beeinträchtigte. Im einzigen TV-Duell mit seinem republikanischen Konkurrenten Mehmet Oz zeigte er Sprachschwierigkeiten.
Oz brachte eine überregionale Prominenz als TV-Arzt ins Spiel, aber auch einen zweifelhaften Ruf, da er während der Pandemie die Einnahme des gegen Covid wirkungslosen Malariamittels Hydroxychloroquin empfohlen hatte und sich von Kollegen das Verbreiten pseudowissenschaftlicher Informationen vorhalten lassen musste.
In den Meinungsumfragen lagen beide eng beieinander - umso größer der Jubel bei den Demokraten, dass es Fetterman gelang, den bislang von einem Republikaner gehaltenen Sitz zu gewinnen. Und, wie Nachwahlbefragungen zeigten, dies nicht zuletzt mit dem Thema Abtreibung - was die demokratische Partei in ihrer Wahlkampfstrategie bestärken dürfte.
Bei den meisten Politikern würde man vom "Freizeitlook" sprechen - John Fetterman aber tritt meistens so auf, nicht nur bei der Stimmabgabe mit seiner Ehefrau Gisele.