Kritik an Regierung in Bukarest "Große Sorge" um Rumänien
Ein erzürnter Staatspräsident, Massenproteste im ganzen Land: Die Eilverordnung zur Lockerung der Antikorruptionsregeln bringt in Rumänien viel Ärger. Jetzt kommt auch Kritik aus Brüssel und Berlin.
Die EU-Kommission hat die von Rumänien per Eilverordnung beschlossene Lockerung der Anti-Korruptions-Gesetze ungewöhnlich scharf kritisiert. "Der Kampf gegen Korruption muss vorangebracht, nicht rückgängig gemacht werden", erklärten Kommissionschef Jean-Claude Juncker und sein Vize Frans Timmermans. Man verfolge die jüngsten Entwicklungen "mit großer Sorge".
Seit dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jahr 2007 bewertet die Kommission Fortschritte beider Länder im Bereich der Justizreform und im Kampf gegen die Korruption. Die Regierungen beider Staaten forderten zuletzt immer wieder, die Überwachung im Rahmen des sogenannten Kooperations- und Kontrollverfahrens zu beenden.
Juncker und Timmermans erklärten nun zum Fall Rumänien, der wirksame Kampf gegen Korruption sei "entscheidend" für ein Ende des Überwachungsverfahrens.
Merkel spricht von einem "falschen Signal"
Auch Kanzlerin Angela Merkel äußerte sich besorgt. Die Kanzlerin habe bereits bei ihrem jüngsten Treffen mit Präsident Klaus Iohannis klargemacht, dass sie eine Aufweichung der Korruptionsbekämpfung und der Reformpolitik für ein falsches Signal halte, sagte ihr Sprecher Steffen Seibert in Berlin.
Am Abend gingen erneut landesweit Tausende Menschen aus Protest gegen die Regierungsverordnung auf die Straße. Allein in Bukarest demonstrierten nach verschiedenen Schätzungen bis zu 100.000 Menschen. Dabei kam es auch zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. Mehrere Dutzend aggressive Sportfans begannen inmitten Zehntausender friedlicher Demonstranten, die Polizisten mit Feuerwerkskörpern zu bewerfen. Oppositionsmedien kommentierten, dass der Auftritt der Krawallmacher eine gezielte Provokation regierungsnaher Kreise sei, um weitere Straßenproteste zu verhindern und den gesamten Protest zu diskreditieren. Insgesamt gab es Proteste in mehr als 40 Ortschaften.
Amnestie per Dekret durchgesetzt
Die sozialdemokratische Regierung in Rumänien hatte am Dinestag per Dekret die Gesetze gegen Korruption gelockert. Justizminister Florin Iordache sagte, damit sei die Gesetzgebung wieder "auf einer Linie mit den Entscheidungen des Verfassungsgerichts".
Durch die Verabschiedung per Dekret wird jedoch das Parlament umgangen, die Neuregelung tritt umgehend in Kraft. Mehrere Vergehen bleiben jetzt straffrei. Zudem wird Amtsmissbrauch nur noch mit Gefängnis bestraft, wenn der Streitwert über 44.000 Euro liegt.
Die Änderungen könnte es zahlreichen Politikern ermöglichen, einer Strafverfolgung zu entgehen. So dürfte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei PSD, Liviu Dragnea, in einem Prozess um Scheinbeschäftigung wohl weitgehend ungeschoren davonkommen. Der Streitwert liegt in seinem Fall bei 24.000 Euro, also deutlich unter der neuen Untergrenze von 44.000 Euro.
Darüber hinaus legte die Regierung dem Parlament ein Gesetzesvorhaben zur Amnestie von Straftätern vor, die zu weniger als fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Von der Haftentlassung würden rund 2500 Häftlinge profitieren - darunter mehrere Politiker, die wegen Korruption in Haft sitzen.
Scharfer Protest des Staatspräsidenten
Unter anderem sprach sich Präsident Klaus Iohannis gegen die Neuregelung aus. Er war mit dem Versprechen angetreten, das ärmste EU-Land von Korruption zu befreien. Nach der Verabschiedung der Eilverordnung sprach er von einem "Trauertag für den Rechtsstaat, dem ein harter Schlag von den Gegnern der Justiz und des Kampfes gegen die Korruption versetzt" worden sei. Generalstaatsanwalt Augustin Lazar forderte, die Verordnung vor dem Verfassungsgericht anzufechten.
Präsident Iohannis Ende Januar bei einer Demonstration gegen die Amnestie. Er sprach nach der Verabschiedung von einem "Trauertag für den Rechtsstaat".