Anleihenkäufe in den USA Geglücktes Experiment?
In den USA hat es schon funktioniert: Das frische Geld, das durch Anleihenkäufe der Notenbank auf den Markt kam, wurde investiert, die Krise - vorerst - überwunden. Doch es gibt Unterschiede zur Eurozone. Und das sind nicht die einzigen Risiken.
US-Präsident Barack Obama kann mit seiner Zentralbank zufrieden sein. Als er auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise ins Weiße Haus einzog, starteten die US-Notenbanker ein ebenso mutiges wie riskantes Experiment: Um die brachliegende Konjunktur wieder anzukurbeln und eine gefährliche Deflation zu vermeiden, senkten sie nicht nur die Leitzinsen auf nahezu Null, sondern kauften auch Monat für Monat Staatsanleihen und Immobilienpapiere in Milliardenhöhe auf.
Was im Fachjargon "quantitative Lockerung" heißt, führte in der Praxis zu einer Schwemme frischen Geldes. Dadurch wurde wieder mehr investiert, die Banken vergaben wieder mehr Kredite. Häuslebauer und Autokäufer kamen an günstige Darlehen. US-Präsident Obama ist überzeugt, dass durch diese ultralockere Geldpolitik eine Große Depression wie in den 30er-Jahren vermieden wurde. "Heute sind die Schatten der Krise vorüber gezogen", freute er sich in seiner Rede vor dem Kongress: "Und die Lage unserer Nation ist stark."
Frisches Geld führt zu frischem Wachstum
In der Tat genießt Amerika derzeit das kräftigste Jobwachstum seit Ende der 90er-Jahre: Die Arbeitslosenquote ist auf 5,6 Prozent gesunken. Und weil sich die US-Wirtschaft im vergangenen Jahr so gut entwickelt hat, konnte die US-Notenbank ihre milliardenschweren Anleihekäufe Monat für Monat verringern, bis sie Ende Oktober ganz ausliefen.
Dass die Aktienmärkte auf diesen allmählichen Entzug nicht panisch reagierten wie ein Drogenabhängiger, dem man seinen Stoff wegnimmt, ist auch das Verdienst von US-Notenbank-Chefin Janet Yellen. In ihrer ebenso transparenten wie unaufgeregten Art verkündete Yellen regelmäßig "eine weitere maßvolle Reduzierung des Tempos der Anleihenkäufe".
Die Mehrheit der Wirtschaftsexperten in den USA hält das Experiment der US-Notenbank deshalb für geglückt: Der Immobilienmarkt sei wiederbelebt worden, US-Bürger konnten sich zu günstigen Konditionen Neuwagen anschaffen, und die Firmen kamen an billiges Geld, um zu expandieren.
Wohin mit den gekauften Anleihen?
Dennoch ist es für eine endgültige Bilanz zu früh. Zwar hat die US-Notenbank die milliardenschweren Anleihenkäufe eingestellt und wird vermutlich im Juni erstmals seit langem wieder die Zinsen anheben. Aber nach sechs Jahren quantitativer Lockerung hat sich die Bilanzsumme der US-Zentralbank vervierfacht: auf insgesamt mehr als viereinhalb Billionen Dollar. Den Berg gekaufter Anleihen will die US-Notenbank vorerst behalten.
Was aber, wenn die Staatsanleihen irgendwann wieder verkauft werden? Kritiker befürchten spätestens dann eine Inflation. Davon ist bisher dank der niedrigen Ölpreise nichts zu spüren. Andere Kritiker sehen die Gefahr einer erneuten Blase an den Aktien- und Immobilienmärkten. Die ultralockere Geldpolitik nutze vor allem den Zockern an der Wall Street und bestrafe den sparsamen Bürger, der für seine Erspartes keine Zinsen mehr bekomme.
Schließlich gebe es noch einen entscheidenden Unterschied zwischen den USA und dem Euro-Raum: Die EZB kann nicht einfach Eurobonds kaufen, sondern muss sich die Anleihen aus 19 unterschiedlich starken Ländern zusammenkaufen.