Demonstranten in Washington

Hunderttausende gegen Trump "Schweigen ist keine Option"

Stand: 22.01.2017 07:40 Uhr

Es ist das andere Amerika, das zum Protest gegen Trumps Politik und für Gleichstellung in Washington auf die Straße gegangen ist. Hunderttausende skandierten: "So sieht Demokratie aus" und waren dabei sicher, dass das erst der Anfang ist.

Da, wo bei der Vereidigung noch die roten Baseballkappen der Trumpanhänger zu sehen waren, dominiert am Tag danach pinker Strick: In Washington strömen von allen Seiten unaufhörlich Menschen in Richtung US-Kongress. Viele von ihnen tragen selbstgestrickte Kopfbedeckungen mit spitzen Katzenohren. "Diese Pussykatzen grabschen zurück", steht auf Plakaten. Die pinken Katzenmützen, sie sind eine Art strickgewordener Protest gegen den neuen Präsidenten und frühere respektlose Äußerungen gegenüber Frauen.

Protest in Washington gegen den neuen Präsidenten Trump

Drei Generationen im Protest vereint: Heather (l.), April (m.) und Lura (r.) mit Baby Violet.

Familientreffen für Frauenrechte

Eine der kleinsten Pussykatzen-Mützen trägt Violet, gerade drei Monate alt und auf der ersten Demonstration ihres Lebens dabei. Sie ist Teil von drei Generationen, die hier zusammen protestieren: Mit Mutter Lura ist sie aus dem westlichen Bundesstaat Washington angereist, Tante Heather aus Texas und Oma April sogar aus Hawaii - ein Familientreffen für Frauenrechte. "Ich will nicht, dass meine Kinder irgendwann denken, dass das normal ist, was Trump macht", begründet Lura die weite Reise. Großmutter April (58) ist nicht besonders optimistisch: "Ich wünschte, ich wäre jünger. Das wird ein langer Kampf!"

"Start einer Revolution"

Es ist das andere Amerika, das beim "Women's March" in Washington auf die Straßen geht: Hunderttausende Frauen aus dem ganzen Land, aber auch Männer und Kinder. Sie fürchten unter Präsident Trump um legale Abtreibung und die Pille auf Krankenschein, aber auch um Minderheitenrechte und Umweltschutz.

Die Aufbruchstimmung ist spürbar bei der Kundgebung mit prominenten Unterstützern von Filmemacher Michael Moore bis Schauspielerin Scarlett Johansson. "Das ist der Start einer Revolution", ruft Überraschungsgast Madonna Hunderttausenden jubelnden Zuhörerinnen zu. "Vier Jahre Donald Trump, das heißt 1460 Tage Widerstand", so Angela Davis, eine Ikone der schwarzen "Black Panther"-Bewegung.

Neue Frauenbewegung gegen Trump?

"Das ist der Beginn einer großen Sache", glaubt Liz. Die Schülerin und ihre Freundinnen sind nach Washington aus der Nähe von Nashville, Tennessee gekommen, wo die Trump-Unterstützer dominieren: "Acht Monate Wahlkampf voller Beleidigungen und Respektlosigkeit, das darf so nicht weitergehen", sagt sie. Und auch die 31-jährige Cathy aus Boston ist aufgewühlt: "Ich bin so wütend, aufgeregt und besorgt, ich brauche händeringend einen Plan." Sie hält die Demonstration für einen ersten Schritt, glaubt aber, dass die neue Frauenbewegung dringend eine Führungsfigur braucht, um die unterschiedlichen Gruppen dauerhaft zu einen.

Protest in Washington gegen den neuen Präsidenten Trump

Es sind vor allem Frauen, die den Protest in Washington initiiert haben.

Rangelei um Zahlen

Laut Veranstalter sind 500.000 Teilnehmer gekommen, das könnten mehr sein als bei Trumps Amtseinführung, bei der die Menschen nicht offiziell gezählt wurden. Die Washingtoner Verkehrsbetriebe verzeichnen am Protesttag zumindest deutlich mehr Fahrgäste als bei der Vereidigung.

"So sieht Demokratie aus", skandiert die Menge, als der Marsch sich in Bewegung setzt. Die Straßen sind schwarz vor Menschen. Bunte Kampfansagen werden auf Schildern in den Himmel gereckt: "Trump, kümmere Dich um Deine eigene Gebärmutter", steht da und "Wir werden nicht still sitzen und hübsch aussehen".

Protest in Washington gegen den neuen Präsidenten Trump

Die Demonstrationen werfen einen Schatten auf Trumps erste Tage im Weißen Haus.

Einheit gefährdet?

Schnellen Schrittes und sichtlich irritiert kreuzen Jane und Steve den Weg des sich am Kapitol auflösenden Demonstrationszugs. Sie sind aus Ohio gekommen - nicht zum Protestmarsch, sondern zur Vereidigung ihres Kandidaten, Donald Trump: "Eine eigene Meinung ist ja schön, aber was helfen diese Proteste? Die gefährden unsere Einheit", sagt Jane. Ihr Mann Steve meint: "Das ist unfair, die sollen erstmal ein paar Wochen von Trumps Präsidentschaft abwarten. Sie werden sehen, es werden wunderbare Dinge passieren."

Die Trump-Anhänger und die Demonstrantinnen, sie blicken ohne Verständnis füreinander in die Zukunft. Bevor sie nach Hause gehen, hängen einige Frauen ihre Plakate an einen Absperrzaun vor dem Kongress. Die schwarze Ordnerin ruft ihnen hinterher: "Danke, dass ihr Geschichte geschrieben habt, Mädels."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 21. Januar 2017 um 23:10 Uhr.