Hintergrund

Arbeitsmarktreform Frankreich Flexiblere Arbeitszeiten, weniger Kündigungsschutz

Stand: 03.05.2016 04:08 Uhr

Seit Wochen gibt es in Frankreich Proteste gegen die geplante Arbeitsmarktreform. Sie sieht vor, den Kündigungsschutz zu lockern und Arbeitszeiten flexibler zu gestalten. Nun berät die Nationalversammlung über die Reform. Die Kernpunkte im Überblick. Von Burkhard Birke.

Seit Wochen gibt es in Frankreich Proteste gegen die geplante Arbeitsmarktreform. Sie sieht vor, den Kündigungsschutz zu lockern und Arbeitszeiten flexibler zu gestalten. Nun berät die Nationalversammlung über die Reform. Die Kernpunkte im Überblick.

Die heilige Kuh der 35-Stunden-Woche soll nicht geschlachtet werden. Gleichwohl sieht die Reform mehr Flexibilität vor. Per Betriebsvereinbarung sollen arbeitsrechtliche und manteltarifvertragliche Regelungen abgeändert werden können. Gegen dieses Kernelement des neuen Arbeitsgesetzes laufen die reformunwilligen Gewerkschaften Sturm.

Arbeitszeiten auf Betriebsebene verhandelt

Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen sollen künftig auf Betriebsebene mit den Mehrheitsgewerkschaften ausgehandelt werden können. Eine Minderheit von 30 Prozent kann jedoch verlangen, über diese per Referendum von allen Beschäftigten abstimmen zu lassen. Bis zu zwölf Stunden Arbeitszeit am Tag, maximal 46 Stunden pro Woche im Dreimonatsschnitt sollen erlaubt werden. Das sind zwei Stunden pro Woche mehr als bisher. Überstundenzuschläge für die ersten acht Stunden sollen per Betriebsvereinbarung von 25 auf zehn Prozent gekürzt werden können. Mehr arbeiten für weniger Geld - diese Aussicht nährt die Proteste.

Lockerung des Kündigungsschutzes

Vor allem aber werden die Möglichkeiten erweitert, aus betrieblichen Gründen zu kündigen. Kontrovers bleibt dabei die Frage, ob nur die wirtschaftliche Lage eines Betriebs in Frankreich oder auch der Zustand seiner Auslandsfilialen oder Mutterhäuser ausschlaggebend ist.

Burkhard Birke, Burkhard Birke, DLF Paris, 02.05.2016 20:55 Uhr

Leichtere Kündigungen, flexiblere Gestaltung der Arbeitsbedingungen auf Betriebsebene: Mit dieser Strategie hofft die Regierung, die Betriebe wettbewerbsfähiger zu machen und so Jobs zu schaffen.

 Im Zuge der Proteste sind Maßnahmen wie die Beschränkung der von "Prud’hommes" - speziellen Arbeitsrichtern - festzulegende Abfindungszahlungen wieder aufgehoben worden. Kleinbetriebe brauchen eine sozialpartnerschaftliche Vereinbarung zur Abweichung von der 35-Stunden-Woche und es gelten wieder Mindestgarantien für Ruhezeiten und Rufbereitschaften.

Auch arbeitnehmerfreundliche Elemente vorhanden

Mit dem Anspruch auf elektronische Gehaltsabrechnung, dem Verzicht auf eine obligatorische medizinische Untersuchung und dem Recht, außerhalb der Dienstzeit in einer digitalisierten Welt vollständig abschalten zu dürfen, sieht das Gesetz ausdrücklich auch arbeitnehmerfreundliche Elemente vor. Sowohl Gewerkschafter als auch Unternehmer halten die Reform jedoch für verfehlt: Dem Parlament liegen fast 5000 Änderungsanträge vor. Die Regierung bleibt stur. Notfalls soll die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verknüpft werden.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 03. Mai 2016 um 16:00 Uhr auf Inforadio um 07:11 Uhr.