Klimaexperten warnen Arktis erwärmt sich schneller als gedacht
Die Erderwärmung ist in der Arktis schneller vorangeschritten als bislang gedacht. Die Jahrestemperatur stieg seit 1971 dreimal schneller als auf dem Rest des Planeten. Aber auch Russland verzeichnet extreme Temperaturen.
Die Polarregion hat sich laut einem neuen Bericht seit 1971 dreimal schneller als der Rest des Planeten erwärmt. Zwischen 1971 und 2019 stieg die durchschnittliche Jahrestemperatur in der Arktis um 3,1 Grad Celsius, auf der Erde insgesamt dagegen um ein Grad Celsius. Dies berichtete das "Arctic Monitoring and Assessment Programme" (AMAP) anlässlich des Ministertreffens des Arktischen Rates in Reykjavik.
Jedes Zehntelgrad Erwärmung am Nordpol macht dabei einen großen Unterschied: Die Gefahr, dass das Polareis im Sommer komplett auftaut, ist bei einem Temperaturanstieg um zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zehnmal höher als bei einer Erwärmung um 1,5 Grad, wie im Klimaabkommen von Paris 2015 vereinbart.
"Die Arktis ist ein echter Hotspot des Klimawandels", sagte der Glaziologe Jason Box. Die Region verzeichne immer häufiger und länger Warmzeiten im Winter. Dem Bericht zufolge könnten die Temperaturen in der Arktis bis zum Ende des Jahrhunderts um 3,3 bis zehn Grad im Vergleich zum Durchschnitt im Zeitraum zwischen 1985 und 2014 steigen.
Mehr Umweltschadstoffe werden frei
Die Einflüsse des Klimawandels auf arktische Gemeinschaften, Ökosysteme und Arten seien beträchtlich und beschleunigten sich, warnten die Klimaexperten weiter. Die neuen Beobachtungen enthüllten schnelle und umfassende Veränderungen in der Region, die weit über die Arktis hinaus zu spüren seien.
Der Verlust des Meereises, der Rückgang von Gletschern und die verringerte Schneedecke setzten zudem zuvor abgelagerte Schadstoffe frei. Auch wenn das Niveau vieler Umweltschadstoffe in der Arktis abnehme, stellten einige wie Quecksilber weiter eine Bedrohung für Menschen und Tiere dar. Auch Mikroplastik, das im Schnee wie im Eis, Meereswasser, in Ozeansedimenten und an arktischen Stränden gefunden worden sei, werde zu einem wachsenden Problem für die Region.
Eisberg A-76 treibt durch das Weddell-Meer
Von der Antarktis brach derweil der weltgrößte Eisberg ab. Der riesige Koloss mit dem Namen A-76 ist 170 Kilometer lang und 25 Kilometer breit und damit größer als Mallorca, wie die europäische Raumfahrtbehörde ESA meldete. Der Eisberg löste sich vom Ronne-Eisschelf und treibt jetzt durch das Weddell-Meer, wie Satellitenbilder zeigen.
Hitze-Rekorde auch in Russland
Auch in Teilen Russlands wurden dieses Jahr schon Hitze-Rekorde gemessen. In der Stadt Petschora, die am Rand der Arktis liegt, wurden am Donnerstag dem staatlichen Wetterdienst zufolge 32,5 Grad Celsius gemessen. Dort sei es zuletzt 1996 mit 26,6 Grad am wärmsten gewesen. Im Zeitraum von 1981 bis 2010 habe die durchschnittliche Temperatur im Mai bei 4,2 Grad gelegen. Chefmeteorologe Roman Wilfand sprach von einer Hitzewelle, die in manchen Regionen noch bis Ende der Woche andauern werde.
In der Hauptstadt Moskau waren am Dienstag an einer Messstation 29,1 Grad erreicht worden - damit sei der Rekord von 1898 übertroffen worden.
Mit der Hitze steigt auch die Waldbrandgefahr. Schon seit Wochen sind Feuerwehren im Einsatz, da es immer wieder zu Bränden kommt. Nach Angaben der Behörden ist vor allem Sibirien betroffen. Mehr als 3000 Kräfte sind unter anderem mit 63 Löschflugzeugen im Einsatz, um 70 Brände auf einer Fläche von 24.000 Hektar zu löschen.
Brände auch unter der Erde
Russland bekommt die Folgen des Klimawandels nicht nur durch Temperaturrekorde, massive Waldbrände und Überschwemmungen zu spüren. Wissenschaftler sind auch wegen des Auftauens der Permafrostböden besorgt. Zudem hatten jüngst Forscher in einer Studie zudem vor durch die Klimaerwärmung begünstigten sogenannten Zombie-Bränden in der nördlichen Hemisphäre gewarnt, die unter der Erdoberfläche überwintern.