Gipfel in Peking Warum China die Europäer umgarnt
Vertreter aus Brüssel und Peking treffen sich zu einem EU-China-Gipfel in der chinesischen Hauptstadt. China dürfte die Konferenz für eine Charmeoffensive nutzen. Europa hingegen geht es um Grundsätzliches.
Es klingt wie eine eindringliche Bitte im Sinne der aktuellen chinesischen Charmeoffensive, was der Sprecher des Außenministeriums Wang Wenbin wenige Tage vor dem EU-China-Gipfel sagte: "China und Europa sind Partner und keine Rivalen. Die gemeinsamen Interessen wiegen weit schwerer als die Differenzen. China erwartet, dass das Gipfeltreffen auf Erfolgen aufbaut und eine neue Zukunft eröffnet. Wir hoffen, dass der Dialog die Zusammenarbeit stärkt und Probleme lösen hilft."
Beobachter sind jedoch nicht so optimistisch wie der Außenamtssprecher. Das Problem: Die EU diskutiert Grundsätzliches - eben die Frage: Sind wir Partner, wirtschaftliche Konkurrenten, oder gar Systemrivalen? Gleichzeitig schwächelt die chinesische Wirtschaft nach den strengen Corona-Lockdowns.
China wirbt um strategisches Vertrauen
In dieser Situation wolle die Volksrepublik vor allem Schaden begrenzen, sagt Grzegorz Stec von der Berliner China-Denkfabrik Merics: "Das passt ins große chinesische Narrativ, dass wir strategisches Vertrauen wieder herstellen müssen. Und wenn wir das schaffen, gibt es keinen Grund für De-Risking." Die Frage sei: "Woher kann strategisches Vertrauen kommen? Das beantwortet die chinesische Seite nicht. Bis auf den Hinweis, dass wir mehr miteinander sprechen sollten. Als ob das wie von Zauberhand Probleme lösen könnte."
Die Politik des europäischen De-Riskings ist ein Problem für die Volksrepublik. Denn sie soll die Abhängigkeit vom größten Handelspartner China verringern. Exportweltmeister China verkauft viel mehr Waren nach Europa als umgekehrt. Allerdings sind einige europäische Technologien und Prozesse nach wie vor interessant für die Volksrepublik.
Drei Ziele
Experte Stec schätzt, dass die chinesische Seite beim Gipfel drei Ziele verfolgt: den transatlantischen Kurs der Europäer zu untergraben, damit die USA Chinas Einfluss nicht eindämmen können. Zu verhindern, dass chinesische Waren schwerer auf den europäischen Markt kommen. Außerdem zu verhindern, dass China der Zugang zu europäischer Technologie versperrt wird.
"Das Hauptziel ist aus Pekinger Sicht, De-Risking zu behindern oder zu verzögern - bei minimalem Aufwand", sagt Stec. "Außerdem will sich China als verantwortungsbewusste Macht auf der Weltbühne präsentieren. Und es will Europa beruhigen, was die Wirtschaft angeht. Auch das idealerweise nur mit Rhetorik, ohne einzulösende Versprechen."
China setzt auf europäische Vielstimmigkeit
Dabei setze die chinesische Seite darauf, dass nicht alle europäischen Staaten die Brüsseler Politik mittragen. Genausowenig wie europäische Unternehmen, von denen viele einen wichtigen Teil ihres Geschäfts in der Volksrepublik machen.
Asien-Experte Professor Christian Schmidkonz von der Munich Business School beobachtet diese Strategie seit Langem: "Es ist ja eine wirkungsvolle Strategie der Chinesen, politische Themen anzusprechen über die wirtschaftlichen Themen. Aber erst auch Abhängigkeiten zu generieren. Es ist auch eine riesige Herausforderung für uns, weil die chinesische Seite genau weiß, dass sie mit einem fragmentierten Europa, das nicht mit einer Stimme spricht, viel besser und sinnvoller umgehen kann, als wenn wir hier mit einer Stimme auftreten würden."